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Gleichheit vs. Golf

Vor einiger Zeit pointierte Josef Primzek in der Diskussion um Gleichheit und Chancengleichheit: Da in den Golfklubs unter Bruch des Gleichheitsprinzips Stellen und Macht vergeben werde – wolle ich als Anhänger der Gleichheit denn Golfklubs verbieten oder Golf in der Schule lehren?

Die Antwort ist simpel: Nichts von beiden. Das Problem ist gut, erscheint aber nur durch die individualistische Perspektive. Gesellschaftlich gesehen ist da ein Netzwerk an der Macht, das sich in Golfklubs selbst reproduziert. Dieses Netzwerk, das sich wohl am besten als “bürgerlich” charakterisieren lässt, schafft sich politische Ämter in Exekutive, Legislative, Judikative und Gewerkschaften, setzt seine Mitglieder in diese und schöpft seine Macht dann aus den Ämtern, die es zu diesem Zweck geschaffen hat. Mit dieser Macht wird der wirtschaftliche Flügel gegen unliebsame Konkurrenz und den Druck der Arbeiter gesichert, und der wirtschaftliche Flügel bezahlt die Propaganda, die nötig ist, um das System zu schmieren.

Das hört sich jetzt nach riesiger Verschwörungstheorie an, doch ich halte das Ganze für einen historischen Zufall, nicht mehr und nicht weniger. Wäre die sozialistische Republik in Deutschland damals, 1918, einen Moment früher ausgerufen worden, wäre keiner dieser Deppen an der Macht.

Um sich der Gleichheit weiter anzunähern, muss man also die Macht dieses Haufens radikal einschränken und nicht versuchen, dessen Reproduktionsmechanismen zu stören. Die Einschränkung dieser Macht, so lehrt uns Südamerika, geht am gewaltlosesten über eine Revolution der Straße und der Wahlen: Der Wahlen, weil die Linken vergangener Generationen uns schon eine Halbdemokratie erkämpft haben und es dem Volk möglich ist, diese zu nutzen, und der Straße, weil ein langsamer Sturm des Parlaments nun mal nicht möglich ist, sondern in Jahren von außerparlamentarischer Präsenz vorbereitet werden will. Sonst endet jede politische Initiative wie die Grünen.

Kurzum: Sollen sie doch weiter Golf spielen. Währenddessen legen wir die Macht in verantwortliche Hände – erst holen wir uns die Zustimmung bei den Unzufriedenen, diese nehmen dann die Straße in Beschlag, die Straße das Parlament in regulären, aber außergewöhnlichen Wahlen, und das Parlament trocknet mit der Vergesellschaftlichung der Arbeitsmittel den Wirtschaftssumpf aus, aus dem das Bürgertum gekrochen kam und kommt. Das ist die große Idee, wie man zu mehr Gleichheit kommt. Sicher gibts da auch ein paar kleine Ideen, aber ich glaube weder, dass der obige Plan undurchführbar ist (Nach dem ersten Weltkrieg hätte es fast geklappt, damals vertrauten die Ausführenden nur der SPD zu sehr.), noch dass er in einem zweiten Sowjetrussland auf deutschem Boden enden muss, aber ich glaube nicht, dass man besonders weit kommt, wenn niemand ihn durchführt.

Wer immer mit weniger Aufwand Chancengleichheit herstellen will, erkläre mir bitte, wieso das Golfhandicap die Lebenschancen beeinflussen soll.
Dieser Eintrag wurde am Freitag, den 25. August 2006 von Steve geschrieben und in die Kategorie Allgemein eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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