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Ist Israel ein demokratischer Staat?

Eine relativ platte Form der imperialen Public Relation (Propaganda) zum Nahen Osten besteht in der Behauptung, daß es sich bei Israel um den “einzigen” “demokratischen” “Staat” (jedes Anführungszeihen extra, was gemerkt?) dieser Region handle, der gegen den “Islamofaschismus” verteidigt werden müsse. Die gebetsmühlenartige Wiederholung dieser Phrase soll eine Frage verdecken, die von höchstem Interesse ist.


Handelt es sich bei Israel überhaupt um einen demokratischen Staat?



Was ist ein “jüdischer Staat”? Das wurde nie klar definiert. Ein Staat, dessen Bürger alle jüdisch sind? Ein Staat, der nur Juden gehört? Der “Staat des jüdischen Volkes”, der auch Millionen Juden gehört, die nicht hier leben und Bürger der USA, Argentiniens und Frankreichs sind? Ein Staat, der von der jüdischen Religion beherrscht wird? Ein Staat, der die jüdischen Werte zum Ausdruck bringt? (Und wenn ja, welche?) Außerdem: wer ist in diesem Kontext Jude?


Nach langer Unschlüssigkeit entschied sich die Knesset zur religiösen Definition: ein Jude ist eine Person, die eine jüdische Mutter hat oder zum jüdischen Glauben konvertiert ist und keine andere Religion angenommen hat.


Der Widerspruch zwischen der Definition von Judentum als einer Religion und der Behauptung, daß die Juden eine Nation seien, wurde dadurch gelöst, daß man die Fiktion akzeptierte, daß bei uns im Gegensatz zu anderen Völkern Religion und Nation ein und dasselbe seien. Die Bezeichnung “jüdischer Staat” ist nebulös. Sie kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Wenn man noch das Wort “demokratisch” hinzufügt, wird es zu einem Oxymoron – wenn ein Staat nur einem Teil seiner Bevölkerung gehört, ist er nicht demokratisch und wenn er demokratisch ist, kann er nicht nur einem Teil seiner Bevölkerung gehören, auch wenn sie die Mehrheit darstellt.


Weiteres und sehr erhellendes bitte ich nachzulesen im neuesten Essay des tapferen und überaus ehrenwerten oppositionellen Israeli Uri Avnery in freace.de.


Dieser Eintrag wurde am Mittwoch, den 11. April 2007 von nemetico geschrieben und in die Kategorie Allgemein eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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Kommentar von max am 12. April um 15:24 Uhr

haha, google adds hat 2 witzige werbungen dazugestellt: “Krav Maga Defcon: modernste Selbstverteidigung aus Israel. Offizielle deutsche Seite.” (http://www.kravmaga.de/KMD/historie.htm) und einen Kolonialwarenhändler aus den israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. “Israel - Judaica Shop: Bücher, Schmuck, Kippot, Tefillin, AHAVA, Kerzen u.vm.” Hab gleich mal draufgeklickt, was “u.v.m.” wohl heissen mag: Wie wärs zum Beispiel mit einem “Zahal- I.D.F. Army Cap” oder einer ” Zahal- I.D.F gehäkelte Kippa”… (http://www.judaica4all.de/catalog/index.php?cPath=110)

Den restlichen Kommentar kann ich mir jetzt auch sparen :P

Kommentar von jacomo am 12. April um 17:27 Uhr

der bestand dieser gewollten konfusion kreiert, fuettert und haellt doch die welt seit jahrzehnten in seinem erstickenden atem.

“juedischer staat”?…ich hab noch nie vom “the state of jews” gehoert.
es gibt nur “the state of israel”, und das regime, dass ihn repraesentiert kann weder mit dem juedischen glauben, noch fuer das wohl des volkes/religion der juden in verbindung gebracht werden.
die ‘fiktion’ nation/religion, ohne das “regime israel”, wuerde nach der true torah, weder fuer die nicht juedischen mitbuerger, noch nachbarn und nachbarsnachbarn ein problem darstellen.
well, alleine die idee eines friedlichen “state of israel” und umgebung scheint nach den geschehnissen der letzten 60jahre vollkommen unmoeglich, und ich sehe das haemisch, spoettisch, blutruenstige grinsen jener extremen minderheit, die mir sagt, dass frieden nicht auch nur im geringsten ein bestandteil des ‘plans ist.

glaubt zb. jemand, das der zentralrat in deutschland juedische interessen vertritt? ..’zentralrat fuer die interessen des staates israel zur aufrechterhaltung des antisemitismus’ waere unter anderem eine bessere bezeichnung.

und israel demokratisch??
ist amerika demokratisch?..oder deutschland/europa??
man sollte doch, gerade in ‘letzter zeit’ endlich mal aufhoeren, sich an dieser nett-vepackten, gehirnwaschenden idee festzukrallen.

democracy failed….natuerlich nicht demokratie selbst, sondern diejenige, die gerade bis zur unkenntlichkeit entstellt wird.

Kommentar von A.Berger am 16. April um 11:32 Uhr

In der ARD läuft eine Serie mit dem Titel: “Juden- Geschichte eines Volkes.”
Als ich vor längerem einmal erwähnte, die Juden seien einVolk und ihr Heimatstaat sei Israel, wurde ich angegriffen und man klärte mich unwirsch auf, die Juden seien KEIN Volk, sondern eine Religion. Und sie seien auch keine israelischen Staatsbürger, sondern israelische, deutsche oder sonstwelche. Also lautet die exakte Sprachregelung: Ein in Deutschland wohnender Jude ist zu bezeichnen als “Deutscher, jüdischer Religion”.

Als ich im TV “Geschichte eines Volkes” las, dachte im ersten Moment, hui, jetzt setzt es gleich für die ARD eine Verwarnung durch den Zentralrat der Juden. Aber da kam nichts. Offensichtlich paßt ihnen die Bezeichnung ” Juden sind ein Volk” doch???

Ist dann also die von mir vorgenommene die Zuordnung zu Israel falsch, also daß ich sagte, Israel ist ihr Heimatstaat? Und das NICHT so ist???

Wer kennt sich bitte aus, was man exakt sagen darf und was nicht? Danke.

Kommentar von Lara am 16. April um 13:05 Uhr

Hm, das Problem bei sowas ist ja immer, wer sagt was wann in welchem Zusammenhang. Du hast wahrscheinlich etwas israelkritisches gesagt, deswegen ist es dir nicht erlaubt, zu sagen, was Politiker von links bis rechts in Israel ständig sagen.

Allerdings liegen auch die falsch. Es gibt viele Juden, die Israel nicht als ihren Staat betrachten, seine Politik ablehnen und sich für einen gerechten Frieden einsetzen. Diese Vermischung von Juden und Israelis ist ja dann nützlich, wenn man Kritikern von Israel unterstellen will, dass sie Israel, das sie als jüdischen Staat bezeichnen, als Stellvertreter für “den Juden” benutzen und nur deswegen kritisieren, weil sie “die Juden” hassen. Erstaunlich ist, wie erfolgreich so eine lächerliche Argumentationslinie sein kann.

Du bist da also teilweise das Opfer pro-israelischer Rabulistiker geworden, die leider durch das laute Gebrüll, das sie in Foren und Blogs mit mehrfach-Nicks und hemmungslos verwahrloster Diskussionskultur veranstalten, wie eine zahlenstarke Meinungsführerschaft wirken und den veröffentlichten Diskurs bestimmen. Aber die Behauptung, dass alle Juden in Israel eine Heimat haben, ist nicht richtig.

Kommentar von DaRockwilda am 16. April um 13:22 Uhr

@Jörg und alle Interessierte:

Für Beiträge auf relativ hohem Niveau, die sich mit dem Thema israelkritischer Juden beschäftigen, empfehle ich den Blog von Philip Weiss, einem amerikanischen Juden.

http://www.philipweiss.org/mondoweiss

Die Kommentare dort sind auch ein Lehrstück dafür wie die radikalzionistischen Juden und solche die sich als Juden ausgeben auf moderate Gedanken wie die von Weiss, die schließlich zu einem gerechten Frieden in Nahost führen könnten, reagieren.

Kommentar von nemetico am 16. April um 18:45 Uhr

Ergänzung

lesenswert. Webserver der Hisbollah, der Text aber von einem jüdisch-israelischen Kriegsgegner.

Kommentar von jörg andres am 18. April um 20:18 Uhr

ich kann nicht sagen ob jeder jude in israel eine heimat hat, aber dass israel praktisch das einzige land ist in dem juden ohne vorurteile und stressfrei leben können ist gewiss

Kommentar von DaRockwilda am 18. April um 20:21 Uhr

1.Es gibt Juden die sehen in Israel nicht ihre Heimat, weil sie sich nicht besonders für ihr jüdischsein interessieren, oder weil sie einfach auch in anderen Ländern Jude sein können.

2.Da kommen wir zum zweiten Punkt, in Israel kann gewiss niemand stressfrei leben, ich dachte immer da stehen alle unter Raketenbeschuss und Bombengürtelhagel?

3.Schlussendlich leben viele Juden in vielen Ländern sehr stressfrei.

Kommentar von Lara am 18. April um 20:31 Uhr

Stressfrei???

Das sehen die Israelis aber anders. Israel ist heute für Juden der gefährlichste Platz der Welt und die sozialen Spannungen aufgrund des alles verschlingenden Militärbugdets, des immens teuren Mauerbaus und der ganzen Subventionen, die in die Absicherung der Landraubsiedlungen fließen, sind auch kein Zuckerschlecken. Immer noch viel “stressfreier” als das Leben für die Palästinenser ist, aber das Land, wo Milch und Honig fließen sieht anders aus.

Wenn es da so toll wäre und überall sonst so schrecklich stressig, wären die Einwanderungsquoten auch viel höher. Komischerweise wollen nicht mal die iranischen Juden nach Israel, sondern bleiben lieber im Iran…

Kommentar von nemetico am 18. April um 20:37 Uhr

Israel = für Juden stressfrei

Das halte ich in Anbetracht von 3 Jahre Kriegsdienst, fehlendem Recht auf Kriegsdienstverweigerung und steigender Armut für eine skurrile Legende.
Siehe auch:
http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/2402/35/
http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/2390/35/
http://www.derfunke.de/joomla-cms/content/view/418/75/
http://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=363&type=&menuid=4&topmenu=4
http://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=356&type=&menuid=4&topmenu=4
http://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=349&type=&menuid=4&topmenu=4
http://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=347&type=&menuid=4&topmenu=4
http://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=338&type=&menuid=4&topmenu=4

Alles sehr lesenswert, vor allem, wenn man keine Ahnung hat.

Allerdings: wenn die jüdischen Israelis sich ihrer korrupten und skrupellosen zionistischen Führung entledigen können und sich mit den Palästinensern aussöhnen, bestehen gute Chancen darauf

Kommentar von Thomas am 18. April um 20:47 Uhr

Laut Statistik leben weniger als 40% der Juden in Israel, der Großteil von ihnen in den USA. Wirklich Stressfrei kann es in Israel also wirklich nicht zugehen ;-)

Kommentar von jörg andres am 18. April um 21:18 Uhr

soziale spannungen? es gibt wohl in jedem anderen land mehr soziale spannungen gegen juden als in israel. auserdem ist dort kriegsverweigerung möglich. Auf Grund von religiösen Pazifismus zum Beispiel. Es gibt in jedem land korrupte Führungskräfte, aber im Gegensatz zu Palästinensern HAT Israel eine Führung. Der Fundamentalismus beider Seiten ermöglicht keine praktisch nutzbaren Kompromisse, aber die israelische Regierung hat gezeigt, dass sie zu diesen in größerer Weise bereit sind als die der Palästinenser

Kommentar von Lara am 19. April um 09:24 Uhr

“Soziale Spannungen” gegen Juden? Das, was du meinst, wären rassistische “Spannungen”. Soziale Spannungen sind zum Beispiel das hier:

“Das Ende des Zionismus - zumindest in Israel”
http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/2402/35/

Und nenne doch mal Beispiele für die Benachteiligung von Juden in Ländern, die nicht Israel sind.

Kriegsdienstverweigerung endet für die meisten in sozialer Ächtung und im Gefängnis, googel doch mal “Refuseniks” und “Israel”.

Und Israel hat jetzt gerade erst wieder bewiesen, dass es alles andere will als Frieden. Es will Land und es will die Palästinenser vertreiben.

Wenn Frieden gewollt wäre, würde Israel das gerade wieder erneuerte Angebot der arabischen Welt annehmen, sich auf die 67er Grenzen zurückziehen im Austausch gegen vollständige Anerkennung.

Vielleicht glaubst du ja selbst, was du da erzählst, aber dann ist dir vorzuwerfen, dass du dich nicht umfassend informierst.

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