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Keine Freiheit im Sozialismus?

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Nachdem ich kurz den Begriff des Sozialismus erläutert habe, muss ich gleich ein verbreitetes Missverständnis ausräumen: Sozialismus hieße weniger Demokratie oder weniger Freiheit.

Der Usprung dieses Gerüchts liegt in dem Faktum, dass das politische System, das sich eines sozialistischen Ansatzes bedient, ungleich belasteter als das im kapitalistischen Staat. Es muss ja nicht nur allgemeine Gesetze machen, sondern wirtschaftliche Richtungsentscheidungen auf allen Ebenen treffen. So werden Mängel natürlich viel offener sichtbar – nicht jedes Auto, das Schrittgeschwindigkeit ohne Murren fährt, hält bei 200 Sachen noch zusammen. Nehmen wir eine typische ineffiziente, korruptionsbelastete, dumme, zerstrittene, kopf- wie basislose politische Sphäre, sagen wir die deutsche: In einem kapitalistischen System ist ihr Einfluss gering, und Unternehmer werden um sie herumarbeiten. Das dauernde Umgehen erzeugt Reibungsverluste und verhindert gleichzeitig, dass das Problem revolutionär angegangen wird, aber der Laden läuft noch rund genug, um die Bevölkerung gut zu versorgen. Die wabernde Struktur einer Marktwirtschaft schützt zwar viele Volldeppen und Charakterschweine, wie man an Ackermann und dem Gros der BWL-Studenten sieht, aber zumindest hat jeder die Chance, sich einzubringen.

Nehmen wir die gleiche oder gar eine schlechtere Regierung, z.B. eine von der UdSSR eingesetzte Einheitspartei, in einem sozialistischen System. Natürlich ist sie durch ihr mieses Personal unfähig, die gestellten Aufgaben zu bewältigen; starke Männer versprechen in verzweifelter Lage Abhilfe, die Partei zentralisiert sich, das Peterprinzip spült die größten Deppen nach ganz oben, diese drücken ihren Idiotenstempel allen auf, und schließlich wendet sich der gute Teil der Bevölkerung von diesem Sauhaufen ab. Die mangelnde Basis lässt das Gebäude über kurz oder lang (eher kurz als lang) zusammenkrachen, sprich, Versorgungsengpässe treten auf.

Heißt das nun, eine marktwirtschaftliche Organisation ist a priori überlegen? Selbstverständlich nicht. Eine Marktwirtschaft profitiert nämlich nicht von einer hervorragenden politischen Landschaft, denn ihre Schwächen sind eingebaut und nicht durch Gesetzgebung zu beseitigen oder gar merklich milderbar. Eine Marktwirtschaft ist nun mal schreiend ungerecht, unfähig zur Nachhaltigkeit und unbeirrbar in ihrer Vernichtung von Gemeingut (Luft, Regenwald, etc.). Es geht nicht anders. In sozialistischen Systemen dagegen ist der Mensch nur durch sich selbst begrenzt: Ist der politische Bereich gut, ist der wirtschaftliche Bereich hervorragend und lässt jede Marktwirtschaft locker hinter sich. Beispiele dafür finden wir in den unzähligen Initiativen und Kollektiven, die seit Jahrzehnten Arbeit leisten, ohne die die Gesellschaft nicht auskäme.

Natürlich kann man jetzt argumentieren, diese gute Politik sei nicht möglich. Aber, mit Verlaub, das ist Lehnstuhlempirik. Wie soll man denn in einem Scheißhaus Parfüm entwickeln? Die Politik ist schlecht, weil sie die motivierten, guten Menschen abschreckt – sie schreckt diese ab, weil man im Politischen nichts erreichen kann – und man kann nichts erreichen, weil die Politik eh alles falsch machen würde – und die Politik würde eh alles falsch machen, weil sie schlecht ist. Ein Teufelskreis. Man kann sich mit diesem Teufelskreis zufriedengeben und seinen Kindern, Kindeskindern und allen nachfolgenden Generationen ein immer weiter degenerierendes und sich selbst verknöcherndes System in die Wiege legen, oder man kann immer wieder aufstehen und versuchen, den Sozialismus ein Stückchen voran zu bringen. Ich weiß, was ich tun werde.

Bielefeld, 24.10.2020 — Steve
Dieser Eintrag wurde am Dienstag, den 24. Oktober 2006 von Steve geschrieben und in die Kategorie Allgemein eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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Kommentar von njus am 24. Oktober um 09:55 Uhr

Ich möchte hier mal anmerken, das ein 2-Parteien-System auch nur eine Partei mehr hat wie ein 1-parteien-System. Im übrigen fehlt hier der Hinweis auf direktdemokratische Verfahren, damit ließe sich unabhängig von der Zahl der Parteien mehr Demokratie realisieren. Nicht jede Demokratie ist eine Parteiendemokratie.

Kommentar von josef primzek am 24. Oktober um 10:31 Uhr

@ steve: Deine Artikel ist wieder zu abstrakt und pauschal:
“Politik schreckt die guten Menschen ab, weil man nichts erreichen kann.”

Nein, habe viele gute und schlechte politische Menschen kennengelernt, motivierte und unmotivierte.

Die nächste Sache: Wer trifft eigentlich die Entscheidung in Deinem Politikverständnis?
Das Volk? Der Politiker?

Und mal ne ganz banala Frage, ist bei Dir die Bundesliga für teuer Geld in der ARD oder nur gegen Extra-Cash bei Premiere?

Im übrigen arbeiten dt. Unternehmer nicht um die politische Sphäre herum - es gibt zahlreiche Lobbyverbände, die kräftig mitmischen.

Kommentar von Steve am 24. Oktober um 12:36 Uhr

Hallo zusammen,

Im übrigen fehlt hier der Hinweis auf direktdemokratische Verfahren, damit ließe sich unabhängig von der Zahl der Parteien mehr Demokratie realisieren.

Sicherlich. Im Übrigen fehlt der Hinweis auf repräsentativdemokratische Verfahren auch.

Nicht jede Demokratie ist eine Parteiendemokratie.

Im Gegenteil, jede gute Demokratie ist keine Parteiendemokratie. Aber das ist eine andere Baustelle.

Josef wrote:
Deine Artikel ist wieder zu abstrakt und pauschal:

Kein Wunder, dass man nicht konkret werden kann, wenn man ein abstraktes System gegen pauschale Vorwürfe verteidigt. Vor allem, wenn die Vorwürfe noch pauschaler sind.

Nein, habe viele gute und schlechte politische Menschen kennengelernt, motivierte und unmotivierte.

Und, wie viele dieser Menschen engagieren sich dann in der “großen” Politik? Und wie viele wenden sich ab? Ich mache selbst Politik, kenne also genug der Nachwuchspolitiker – und ein Großteil ekelt sich vor diesem System. Ich kenne auch genug Politiker der Kreisebene, aus verschiedensten Kreisen, und was die erzählen, ist auch nicht gerade feierlich.

Die nächste Sache: Wer trifft eigentlich die Entscheidung in Deinem Politikverständnis?
Das Volk? Der Politiker?

Soviel wie möglich das Volk, so viel wie nötig Politiker, wobei ich die Idee des Berufspolitikers soweit wie möglich vermeiden möchte.

Und mal ne ganz banala Frage, ist bei Dir die Bundesliga für teuer Geld in der ARD oder nur gegen Extra-Cash bei Premiere?

Äh, keine Ahnung? Das ist Kaffeesatzleserei, wie soll man wissen, ob der einzelne Stein gemasert sein wird, wenn man eine Idee von einem Haus hat?

Schönen Gruß, Steve

Kommentar von R.Hentschel am 24. Oktober um 13:03 Uhr

Guten Tag an alle,
wer sagt denn, dass der Sozialismus, wie er sich in der
Vergangenheit gezeigt hat, das non plus ultra sein soll?
Er wurde von einigen sog. Betonköpfen umgesetzt nach
undemokratischen (zumindest teilweise) Prinzipien und
alle sind mitgetrottet.1990 gab es die grosse Chance,
neue Wege einzuschlagen, wie Sozialismus mit “gebrems-
ter” Marktwirtschaft.Das was wir heut als “Freiheit”
deklarieren, entwickelt sich immer mehr zu einem ekel-
erregendem Monster, ich meine die Freiheit skrupellos
auszubeuten, skupellos zu lügen, skrupellos Reichtum
anzuhäufen, skrupellos die Ressourcen dieser Welt
zu vernichten usw. usf..
Ich fand grosse Teile der soz.Prinzipien und Politik durchaus erhaltenswert, wie das Gesundheitssystem,
das Schulsystem, Teile des Rechts (Arbeitsrecht u.ä.).
All das war deutlich für Menschen gemacht und nicht
für die Profite einiger weniger.
Gern würde ich die Ausführungen erweitern und begründen,
aber leider reicht momentan meine Zeit nicht.
Freundliche Grüsse OPA R.

Kommentar von josef primzek am 24. Oktober um 13:46 Uhr

@ steve

Es sind doch die konkreten Entscheidungen und Lebensbedingungen, die für die Menschen wichtig sind.
Nämlich, ob die Steuern steigen, die Schulen neue Toiletten haben - ich glaube, da ist auch fast egal, ob das eine
Diktatur oder Demokratie oder Bayern ist, ob der Laden Sozialismus, Kapitalismus oder Apfelmus heißt.

Du definierst mir nicht genug, was Sozialsmus ist.
Darf der Bäcker frei entscheiden, welche Brötchen er macht oder bekommt er das vorgelegt?

Wenn ja, ab welcher Größe muß er bei Erfolg sein Unternehmen verstaatlichen?

Kommentar von R.Hentschel am 24. Oktober um 21:37 Uhr

Hallo Josef,
in der DDR wurde der Begriff “Freiheit” nach Marx
definiert, d.h. Freiheit ist die Einsicht in die
Notwendigkeit. Aber noch wichtiger war die Prämisse,
“Im Mittelpunkt steht der Mensch”. Von der Theorie her,
war diese Einstellung hervorragend. Einschränkungen,
die es einfach durch das Fehlen der erforderlichen Wirtschaftskraft gab, waren für mich kein Problem zu akzeptieren, wenn ich merkte, man wollte schon.
Ich erinnere mich noch ziemlich genau, wie im Wende-
zeitraum der “Mob” aufgeputscht wurde, weil
vielleicht ein Ministerratsmitglied einen Miele-Ge-
schirrspüler hatte. In ihrem Wandlitz, lebten die
Minister sicher nicht schlecht, aber kein Zahnarzt aus
den alten Bundesländern hätte wohl mit ihnen tauschen
wollen.
Deine Frage zum Bäcker: Ein Sozialismus nach meiner
Vorstellung gibt jederzeit dem Bäcker das Recht,
Brötchen jeglicher Art und Menge zu backen. Er muss auch
seinen Betrieb nicht verstaatlichen, gleich ab welcher
Größe. Die übermässige Lust am expandieren wurde in der
DDR dem Bäcker jedoch durch das progressive Steuersystem
genommen.
MfG OPA R.

Kommentar von guan am 26. Oktober um 01:16 Uhr

…lest mal bitte was von wilhelm reich (’massenpsychologie des faschismus’ - kapitel IX: ‘masse und staat’ bzw. kapitel X: ‘bisoziale funktionen der arbeit’)…

das dürfte sicherlich viele von uns qua erleuchten, weil sich hierbei auch ganz deutlich die kommend zu bewältigenden wege - zwecks eigenständlichkeit aus dem desaster “lohnarbeit” heraus - ergeben. ausserdem ist auch das eigentliche problem des kapitalismus (zinseszinseszins…) anzugehen, weshalb arbeit unbedingt auch ’sinnvoll’ gestaltet sein/bleiben muss/müsste - d a s ist der einzige schlüssel dazu, eine zukunft für uns alle in einer neuen welt generieren zu können: arbeit, liebe und miteinander sein wollen…

(einer der wenigen wege)

gruss

Kommentar von Steve am 26. Oktober um 01:41 Uhr

Hallo Josef,

Es sind doch die konkreten Entscheidungen und Lebensbedingungen, die für die Menschen wichtig sind.
Nämlich, ob die Steuern steigen, die Schulen neue Toiletten haben

Ja sicherlich. An einem Haus interessieren mich auch die Nutzwerte, also trockene, warme, große Räume, und nicht die Struktur des Fundaments. Trotzdem will ich in keinem Haus wohnen, das auf Sand steht, denn da werde ich 24/7 zu tun haben, um die Räume trocken und warm zu halten, während das Fundament einsackt.

Darf der Bäcker frei entscheiden, welche Brötchen er macht oder bekommt er das vorgelegt?

Kommt auf die konkrete Implementation an. Wenn ich das machen würde, ja, das Subsidiaritätsprinzip hat hier Vorrang, und das sagt: Lass den Bäcker mal machen, der weiß am besten, welche Brötchen seine Kunden mögen.

Wenn ja, ab welcher Größe muß er bei Erfolg sein Unternehmen verstaatlichen?

Ab keiner? Es ist von Anfang an privat, nur das Kapital gehört dem Staat.

Schönen Gruß, Steve

Kommentar von josef primzek am 26. Oktober um 13:38 Uhr

@ steve

In der Politik hat man immer zu tun und auch ein Haus ist nie fertig. Aber zurück.
Die Frage ist doch nicht, welches Gesellschaftssystem DICH interessiert sondern welches Menschen wollen.

Und nochmal, die wollen einen schlanken, funktionierenden Staat, arbeiten, shoppen. (Bsp. Singapur - eigentlich eine Diktatur, die aber prima für ca. 80% der Menschen funktioniert.)

Zum Bäcker - also, wenn dem Staat das Kapital gehört, wer entscheidet dann über Invetitionen?

Das ist doch Planwirtschaft und eben nicht: “Laß den Bäcker mal entscheiden.”

Außerdem wird das von Beamten gemacht und das sind Menschen und die sind willkürlich. D.h. es wird auch hier zu Ungerechtigkeiten, ja viel schlimmer, zu Korruption kommen, weil man ja immer an den Staat ran muß, will man eine Unternehmung machen.

Vor allem werden sich da wieder die durchsetzen, welche die besten Kontakte haben und die besten Schlupflöcher kennen.
Das ist immer so - ein Bsp. wenn der Staat das Geld verknappt, gibt es Tauschwirtschaft (ich mach Dir Dein Auto und Du mir meine Wand - also setzen sich die mit den besten Beziehungen durch und die zahlen nicht mal Steuern.)

Übers Internet läßt sich sowas ja easy arrangieren.

Außerdem können sich die Leute eine Ersatzwährung ausdenken (wie z.B. früher die Zigaretten nach WK2)

Daher meine Frage, was ist mit dem Egoismus der Menschen.

Kommentar von Steve am 27. Oktober um 02:00 Uhr

Hallo Josef,

natürlich ist die Frage, welches Haus die Menschen wollen. Und ohne Frage ist eine zufällig gut geführte Diktatur besser als eine miserable geführte Halbdemokratie. Nur ist ebensolches in einer Diktatur eher die Ausnahme, da Macht nun einmal korrumpiert.

Zum Bäcker - also, wenn dem Staat das Kapital gehört, wer entscheidet dann über Invetitionen?

Das ist doch Planwirtschaft und eben nicht: “Laß den Bäcker mal entscheiden.”

Wenn der Bäcker heute expandieren will, fragt er die Bank. Ist das deswegen Planwirtschaft? Sind Bankiers nie korrupt? Sind Bankiers nicht ungerecht?

Bedenke, dass Markt- und Planwirtschaft ein Kontinuum bilden. Die perfekte Marktiwrtschaft gibts nicht, die perfekte Planwirtschaft wäre ein übermenschliches Werk.

Vor allem werden sich da wieder die durchsetzen, welche die besten Kontakte haben und die besten Schlupflöcher kennen.

Ach? Und heute setzen sich die besten durch?

Man darf bei dieser Betrachtung nicht von einem System ausgehen, das gegen die Menschen arbeitet. Das versucht, bestimmte Güter künstlich zu verknappen oder Gleichmacherei zu betreiben oder die Bevölkerung auszubeuten. Mit so einer Politik kannst du nur Markwirtschaft machen, aber das war ja die Eingangsthese. In einer guten politischen Sphäre mag es sein, dass Fehler geschehen, denn schließlich arbeiten Menschen dort; aber der positive Effekt öffentlicher Aufmerksamkeit und das Wissen darum, etwas Gutes, nämlich öffentliches Gut, zu verwalten, werden ihren Effekt auf die das Volkskapital Verwaltenden haben. Für alle anderen Menschen ändert sich, außer der gerechteren wirtschaftlichen Lage, ja erstmal nichts.

Dein Egoismusargument beziehe ich also auf die Menschen, die für die Verwaltung des öffentlichen Kapitals zuständig sind. Diese können sicherlich Egoisten sein, bestechlich, willkürlich usw.usf. Durch Diversifizierung kann man diese Effekte aber abfedern (nicht einer entscheidet für das ganze Land, sondern viele, und große Entscheidungen werden durch Mehrheit oder Volksabstimmung entschieden), und die politische Legitimierung ist mindestens eine so gute Kontrolle wie diejenige, die heute schon existiert. Ein gutes (den Volkswillen abbildendes) politisches System vorausgesetzt.

Schönen Gruß, Steve

Kommentar von ravi am 27. Oktober um 11:26 Uhr

Hallo Liebe leute , Steve hat in sein Artikel etwas wichtigeres auch geschrieben ,”Eine Marktwirtschaft ist nun mal schreiend ungerecht,unfähig zur Nachhaltigkeit und unbeirrbar in ihrer Vernichtung von Gemeingut(Luft,Regenwald,etc.)” Kann sein das es übersehen worden ist ? Ich denke solnge wir nicht gelernt haben ,behutsam mitGemeingut um zugehen, werden alle “ISMUS” früh oder später scheitern und wir können nur uns selbst fressen . MFG Ravi

Kommentar von DaRockwilda am 27. Oktober um 12:17 Uhr

Hallo ravi,

Die Vernichtung von Gemeingut ist einer Marktwirtschaft genauso wenig systemimmanent wie einer Planwirtschaft. “Marktwirtschaft” bedeutet eben noch lange nicht, dass es keine Regeln gibt. Wenn also der Staat auf die Luft aufpassen würde, gäbe es mit der Marktwirtschaft an sich auch kein Problem.

Viele Grüße,
Rockwilda

Kommentar von Steve am 27. Oktober um 12:35 Uhr

Hallo RockWilda,

Kontra! Die Vernichtung von Allgemeingut ist systemimmanent, denn in einer Marktwirtschaft gilt das spieltheoretische Gesetz von der Tragik der Allmende.
Kurz zusammengefasst: Die Pflege des Allgemeinguts (der Allmende, das war die Wiese, die alle nutzen durften) schadet effektiv dem Pflegenden, weil der effektive Nutzen aus der Allmende (Nutzen - Aufwand) beträgt und damit für den, der keinen Aufwand betreibt, maximal wird.

Der Staat kann dort intervenieren, richtig. Zum Thema Interventionspolitik ist es ganz sinnvoll, sich mal den ordnungspolitischen Ansatz anzusehen; um ihn zusammenzufassen, reicht es, zu sagen: Interventionspolitik funktioniert nicht. Basta.

Kommen wir zurück zum Beispiel der Luft: Sicherlich, der Staat passt auf die Luft auf. Aber wer sich das Thema Dieselrußfilter ansieht, der sieht auch, wie wenig das klappt. Oder schauen wir uns die weltweiten Rohstoffvorräte an, eine Allmende par excellence: Wo wird denn deren Nutzung gedeckelt? Wieso verheizen Menschen Öl, das für die Herstellung von Medikamenten in Zukunft lebenswichtig sein wird, für Spaßfahrten im Spessart? Klar, es gibt eine Ökosteuer, aber auch die kam viel zu spät und viel zu schwach. Das muss auch so sein, denn der Staat hat, wenn er wirtschaftsfern arbeitet, immer einen Informationsnachteil.

Außerdem, um präzise zu sein, darf ein Staat gar nicht in die Marktwirtschaft eingreifen, denn ein Staat ist ein Element der Planwirtschaft ;-).

Schönen Gruß, Steve

Kommentar von DaRockwilda am 27. Oktober um 13:05 Uhr

Hallo Steve. Re!

Wenn aber die Pflege durch Steuergelder geschieht dann betrieben ja alle den anteilig gleichen Aufwand (außer die Steuerhinterzieher, aber das ist ein anderes Thema).

Dass in der Realität der Staat bei Partikelfiltern versagt liegt an der konkreten Staatsführung und nicht am Konzept des Staates selbst. Theoretisch ist der Staat durchaus dazu in der Lage, Partikelfilter verbindlich vorzuschreiben.

Die Frage ist ja, welches System würde es besser machen ?

Und wenn du sagst der Staat hat einen Informationsnachteil, welche andere Einrichtung/Institution hätte das nicht in diesem Fall ?

Kommentar von josef primzek am 27. Oktober um 14:05 Uhr

Ich halte von Schlagwortdebatten immer wenig, ob Plan- oder Marktwirtschaft ist eigentlich egal.

@steve

Eben, das Beispiel der Banker zeigt doch, daß Bürokraten anfällig sind, für Feigheit, Faulheit, Arroganz etc. (aber eben auch kontrollieren)

Das wäre in einem Sozialismus ähnlich, genau das habe ich auch sagen wollen, als ich meinte, “es setzen sich WIEDER die Leute mit den besten Kontakten etc. durch”

Ich versuche mir das mit dem Bäcker konkret vorzustellen.
Der kauft sein Mehl - womit eigentlich das Geld hat ja der Staat…
Dann bäckt er sein Brot, verkauft und bekommt - was eigentlich, das Geld gehört ja dem Staat.

Will er expandieren, muß er sich das erst genehmigen lassen, nee, also da gibt es attraktivere Bedingungen für Unternehmen und man darf nicht vergessen, Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.

Die Frage ist doch viel eher die, wie man Nachhaltigkeit, Umweltschutz und einen funktionierenden Markt erzeugt.
Zum BEispiel indem die Tourismusindustrie entgegengesetzte Interesse zur Chemieindustrie hat o.ä., zwei Lobbys, die sich gegenseitig überwachen.

Klappt nur sein eingeschränkt, ist abe besser, als wenn der Staat 100%iger Buh-Mann immer ist.

Gruß

Kommentar von Steve am 27. Oktober um 22:40 Uhr

Hallo RockWilda und Josef,

Wenn aber die Pflege durch Steuergelder geschieht dann betrieben ja alle den anteilig gleichen Aufwand (außer die Steuerhinterzieher, aber das ist ein anderes Thema).

Ja, und damit bezahlen die, die Ressource nutzen, die Nutzung derselben für die, die das exzessiv tun. Man kann diskutieren und denken, wie man will, um die Tragik der Allmende wird man keinen Weg herum finden.

Die Frage ist ja, welches System würde es besser machen ?

Ein System, das nicht mit der Spieltheorie beschreibbar ist.

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Ich versuche mir das mit dem Bäcker konkret vorzustellen.
Der kauft sein Mehl - womit eigentlich das Geld hat ja der Staat…
Dann bäckt er sein Brot, verkauft und bekommt - was eigentlich, das Geld gehört ja dem Staat.

Gegenmodell: Die Bäckerei nimmt sich das Geld, das in ihrer letzten Bilanz als Kapitalrücklage ausgewiesen war, kauft damit Mehl und bezahlt den/die Bäcker und Verkäufer, verkauft die Brötchen. Von dem Erlös wird eine neue Rücklage gebildet, ein Teil an den Kapitaleigner (den Staat) gezahlt und der Rest wird zu gleichen Teilen an die Belegschaft ausgezahlt und in den Gemeindeausgleichstopf gelegt.

Will die Bäckerei expandieren, muss sie sich das heute auch genehmigen lassen, nämlich von der Bank.

Die Frage ist doch viel eher die, wie man Nachhaltigkeit, Umweltschutz und einen funktionierenden Markt erzeugt.

Ich nehme mal an, du meinst Kapitalismus und nicht Markt.
Diese Frage hat keine Antwort. Vergiss es. Das ist die Frage nach dem Perpetuum Mobile. TANSTAAFL.

Schönen Gruß, Steve

Kommentar von DaRockwilda am 27. Oktober um 22:46 Uhr

Hallo Steve,

Also atmen tun wir erstmal alle ungefähr gleich viel. Der Bedarf ist also gleich, jetzt kommt es auf den unterschiedlichen Grad an Zerstörung an. Und da wird eben das beste an Technologie zur Abgasverminderung vorgeschrieben, was es gibt. Gleichzeitig wird Forschung auf diesem Gebiet subventioniert. Um dann die mehr in die Pflicht zu nehmen, die besonders viel Luft zerstören, steigt der Gewerbesteuersatz für Firmen relativ zu ihrer Luftverschmutzung. Das selbe mit der Kraftfahrzeugsteuer analog zu deren Abgasausstoß.

Wo ist dann das Problem ?

Und das mit der Spieltheorie musst du elaborieren, kann auch sein ich habs sonst wo überlesen.

Kommentar von Katrin am 30. Oktober um 16:26 Uhr

Die Grundlage jeder Gesellschaft sind die Menschen. Ob nun Sozialismus (den ich selbst erlebt habe) oder Kapitalismus (den wir alle erleben),- solange die Menschen nicht das Bewußtsein erlangen, wofür Sie auf dieser Welt sind, ist es unmöglich, daß irgendein System funktioniert. Die Komplexität und Undurchschaubarkeit in der wir leben ist beängstigend und aus Angst entstehen alle Übel, die ein egofreies Zusammenleben überhaupt ermöglichen. Karl Marx war ein sehr schlauer Kopf, dessen Ideen damals von Leuten zunichte gemacht wurden, die glaubten, sie hätten verstanden, was er wollte. Man kann aber nicht Teile von der Geamtheit trennen und glauben es funktioniert noch genauso. (Sollte man am Auto mal probieren).
Ich denke daß das Dilemma der Überlebensangst als Ursache jedes Egoismus nur schwer zu lösen ist,- es sei denn die Menschen finden sich selbst und erkennen die Wahrheit, nämlich Gott. Damit meine ich nicht den Klerus, der Jahrhundertelang die Menschen zu seinen Zwecken missbraucht hat, sondern die Bewußtheit, daß wir alle aus einer Quelle stammen und jeder mit der Gesamtheit, der Quelle verbunden ist…. erst dann verschwindet die Angst und der Frieden in jedem Einzelnen wächst mit der Gewißheit, daß für jeden zu jeder Zeit gesorgt ist und wir nicht nur Körper sind…
Auf dem Weg zur Einfachheit und “Entcommerzialisierung” machen sich immer mehr Menschen,- mal sehen wann die kritische Masse erreicht ist….

Kommentar von DaRockwilda am 30. Oktober um 16:40 Uhr

Die Erkenntnis, dass es einen Gott gibt, führt aber nur dann zu mehr Ruhe, wenn die Menschen dadurch keine Angst vor dem Tod haben. Wenn sie aber denken dass nach ihrem Leben über die gerichtet wird dann haben sie trotzdem wieder Angst.

Wer den Tod nicht akzeptiert hat Angst und kommt zu dem Egoismus, den auch du anprangerst.

Kommentar von josef primzek am 30. Oktober um 18:43 Uhr

@Katrin und Darockwilda

Das schlimme ist aber: Gott macht nicht satt.
Wenn man den ganzen Tag im BEtt bleibt und nur an Gott glaubt, dann kommt kein Essen auf den Tisch.

Der Glaube an Gott kann vielleicht vor Maßlosigkeit bewahren und das wäre schon eine ganze Menge.

Kommentar von DaRockwilda am 30. Oktober um 18:55 Uhr

Klar, Gott oder wer auch immer kann nicht alle Bedürfnisse bewaren.

Falls jemand die Futurama-Folge kennt, in der Bender Gott trifft. Erst fliegt Bender durch den Weltraum und währenddessen siedeln sich auf seinem Körper Minilebewesen an, die ihn als Gott verehren.

Später werden sie angegriffen, und Bender fragt sie wie sie sich dafür gerüstet haben: “Tut mir leid, eure Untertanen haben gar nichts getan, sie haben den ganzen Tag in der Bibel gelesen und gebetet.”

Vom Beten wird die Welt nicht besser, und auch der Magen nicht voller um deine Anmerkung aufzugreifen.

Kommentar von ravi am 30. Oktober um 19:59 Uhr

Hallo Liebe leute ! Sind wir noch bei der Thema ? ? MFG Ravi

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