Kinderarmut war einkalkuliert - Hartz IV und die Folgen
Regierung reagiert mit Ablenkungsmanövern
Bereits jedes sechste Kind in Deutschland lebt in Armut. Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes lebt in den neuen Bundesländern mittlerweile sogar jedes dritte Kind in Armut. Und es werden ständig mehr. Das gleichzeitige Medien-Getöse vom wundersamen, aber bedrohten Aufschwung findet offenbar in einer anderen Welt statt. Die Armen in Deutschland profitieren vom Aufschwung so gut wie nicht.

Ausgerechnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) musste am 16. August vermelden, dass im März rund 1,93 Millionen Kinder bis 15 Jahre Hartz IV bezogen und damit so viele wie nie zuvor.
Die Zahlen sind amtlich. Sie stammen vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ). Die Kinderarmut-Debatte, die zuvor nur köchelte und ab und zu aufflackerte, ist nun neu entflammt.
Unrühmlicher Rekord
Um dem für die CDU und die SPD in den anstehenden Landtags-Wahlkämpfen heiklen Thema die Spitze zu nehmen, sprang Bundesfamilienministerin von der Leyen unverdrossen mit neuen Absichtserklärungen in die Bresche.
Gegenüber der Passauer Neuen Presse verkündete sie, sie wolle den sogenannten Kinderzuschlag reformieren. Mehr Familien mit Armutslöhnen sollen antragsberechtigt sein. Und das bürokratische Verfahren soll vereinfacht werden.
Warum die Antragsverfahren so elend bürokratisch überfrachtet sind, kann man sich denken. Wer genügend Papierkriegs-Hasser und Unbeholfene abschreckt, spart an armen Leuten richtig Geld. Wer also glaubt, dass sich da etwas ändert? Aber Versprechungen von Wohltaten finden immer Abnehmer. Frau von der Leyen gilt als populärer Aktivposten der CDU-Wahlkämpfer.
Seit neuestem liebäugelt sie mit einem halbierten Mehrwertsteuersatz für Kleinkinderbedarf.
Mit der Halbierung wird sie jedoch nie durchkommen, es sei denn Merkel und Müntefering klotzten gemeinsam gegen den Finanzminister. Da steht Steinbrück als “Engel mit dem Flammenschwert” davor und donnert “nein, keine Änderungen an Mehrwertsteuer-Details”, die EU spiele da nicht mit. Das ist eine feine Ausrede, die zum Teil stimmt und in der Vergangenheit schon häufiger gezogen hat.
Kinderzuschlag ist eine Nebelkerze
Wirklich schlimm an dem Vorhaben ist, dass es an den tatsächlichen Problemen völlig vorbeigeht. Denn Hartz IV-Familien wird laut Reglement der Bundesagentur für Arbeit (BA) überhaupt kein Kinderzuschlag gewährt. Deren Kinder kriegen pauschal 60 Prozent der Erwachsenen-Regelsätze und keinen Cent mehr. Einmalige Leistungen im Notfall gibt es seit dem Inkrafttreten des Hartz IV Armenknebel-Gesetzes im Januar 2005 keine mehr.
Der Hartz IV-Eckregelsatz von 347 Euro beruht nicht etwa auf dem belegbaren Bedarf von Familien sondern auf dem Verbrauchsverhalten der unteren 20 Prozent der Ein-Personen-Haushalte. Mehrheitlich sind das Rentner. Damit auch Politiker ihr Wissen auffrischen können, hat das die Frankfurter Rundschau vom 17. August noch einmal erwähnt.
Die Kommentatorin nennt es zu Recht “absurd, den Bedarf armer Kinder an dem armer Rentner zu messen”. Nur komisch, dass das hin und wieder punktuell auffällt, um dann verlässlich im Mediendunkel der Vergessenheit zu landen.
Über die mehr als knappe Nahrungszuteilung für Kinder und Heranwachsende im Zuge des Hartz IV-Reglements war erst durch die neue Studie des Bonner Forschungsinstituts für Kinderernährung eine heiße Debatte entbrannt. Politblog fasste die Auswirkungen unter dem Titel “Hungernde Kinder in Deutschland” zusammen.
Brisantes Thema im Wahlkampf
Dass einzig wegen des Vor-Wahlkampfs plötzlich CDU-Ministerpräsidenten wie Peter Müller und Dieter Althaus ebenfalls einen Teuerungszuschlag für Hartz IV-Bedürftige fordern, könnte glatt amüsieren, wenn es nicht so traurig wäre.
Der Kölner Politik-Professor Christoph Butterwegge hat zwischen 2000 und 2005 mehrere Bücher zum Thema Kinderarmut herausgegeben. Der Armutsforscher führt den traurigen Rekord darauf zurück, dass die konjunkturelle Belebung besonders an den Alleinerziehenden vorbeigeht. Dies bestätige, dass Hartz IV “eine Rutsche in die Armut” sei. “Kinder sind die Hauptleidtragenden.”
Frau Minister von der Leyen, die erfolgreichste Luftnummern-Kanone der Bundesregierung, verweist wiederum auf ihr Allzweck-Heilmittel namens Elterngeld, das angeblich davor schütze, überhaupt unter Hartz IV zu fallen.
Sie verkennt bewusst oder aus Unwissenheit, dass erst die Schröder-Merkelschen Murks-Gesetze von 2004 den stetig wachsenden Anteil an nicht-existenzsichernden Armutslöhnen und damit die faktischen Kombilohn-Bezieher als “Aufstocker” hervorbringen konnten. Mittlerweile sind rund 7,4 Millionen Menschen auf Hartz IV angewiesen, jeder neunte deutsche Bürger unter 65 Jahren.
Grüne Trickster
Bemerkenswert ist die enorme Kehrtwendung, die die BündnisGrünen im Bundestag dieser Tage zeigen. Loyal zu Schröders Sozialabbau-Agenda stehend hatten sie jahrelang nahezu alle sozialpolitischen Schandtaten mitgetragen und stets verteidigt. Nun in der Opposition wittern sie bessere Profilierungschancen durch betont kritische Stellungnahmen. Verstehen kann man das.
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer erregte Aufsehen mit der viel zitierten, eigentlich vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) übernommenen Aussage: “Die richtige Bandbreite liegt zwischen 390 und 450 Euro”. Ihr sozialpolitischer Fraktionssprecher im Bundestag, Markus Kurth, entdeckte neuerdings ein reiches, schlagzeilen-trächtiges Betätigungsfeld als Kämpfer gegen Kinderarmut.
Kurth forderte ein “neues transparentes, durch Parlamentsbeschluss legitimiertes Verfahren” für die Neu-Festlegung des Regelsatzes und einen eigenen “Kinderwarenkorb”.
Kinder sind die Hauptleidtragenden
Der wirkliche Bedarf der in Hartz IV-Familien lebenden Kinder und Heranwachsenden wird weder in der Ernährung noch in Schule und Sport durch die Regelsätze abgedeckt. Das war schon lange so, aber die Grünen haben es erst kürzlich neu entdeckt. Selbst das Ganztags-Schulessen ist für Hartz IV-betroffene Schüler meist zu teuer.
Aus dem Staunen kommt man kaum heraus, dass diese Tatsache plötzlich selbst der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann für seine ureigene Entdeckung ausgibt. So schnell wird man vom Saulus zum Paulus. Da sage noch einer, Politik wirke keine Wunder.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat ebenfalls endlich klar Position bezogen, die Kirchen dagegen nicht. Klare Worte fand DGB-Vorstand Annelie Buntenbach am Mittwoch (16. August) zu fünf Jahren Hartz-Kommission. Sie beklagte in der Frankfurter Rundschau, Arbeitslose und Familien erster und zweiter Klasse seien entstanden. Hartz IV habe ein Zwei-Klassen-System “in der Arbeitsmarktförderung geschaffen, in dem die Langzeitarbeitslosen das Nachsehen haben”.
Wissenschaftliche Rekonstruktion
Die wissenschaftlich anspruchsvollste, klarste Analyse der Misere Kinderarmut hat der Frankfurter Fachhochschul-Professor Rainer Roth vorgelegt. Er hat herausgearbeitet, dass bei den vor Weihnachten 2004 mit heißer Nadel gestrickten Hartz IV-Gesetzen offenbar mit reinen Sparabsichten an die Grundsicherungen für Kinder und Jugendliche herangegangen worden ist.
Die neuerdings in die Debatte geratene Misere hat benennbare Täter und Motive zur Ursache. Die Juristin Helga Spindler zeigt die Rolle der Beteiligten im aktuellen Buch des ‘Bundes Demokratischer Wissenschaftler’ “Netzwerk der Macht - Bertelsmann” detailliert auf.
Die einzigen nicht opportunistisch in Sachen Kinderarmut lavierenden politischen Kräfte sind anscheinend der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV), der Kinderschutzbund, die Erwerbslosen-Initiativen , die Humanistische Union und die Partei Die Linke. Sie alle haben seit langem eindeutig und klar zugunsten der Armen im Lande und ihrer Kinder Stellung bezogen und gehalten. Nur leider spiegelten sich die Positionen der “letzten Aufrechten” im Lande wenig in der bislang veröffentlichten Medien-Meinung wider.
Nach Paul Sethe, dem Mitbegründer der FAZ, ist die Pressefreiheit ja auch nichts anderes als „die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“. Sechzig Jahre später haben die “Armen” zumindest das Internet. Das ist vielleicht wenigstens ein kleiner Fortschritt.
© Politblog - Lizenzrichtlinien

Bereits jedes sechste Kind in Deutschland lebt in Armut. Nach Angaben des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes lebt in den neuen Bundesländern mittlerweile sogar jedes dritte Kind in Armut. Und es werden ständig mehr. Das gleichzeitige Medien-Getöse vom wundersamen, aber bedrohten Aufschwung findet offenbar in einer anderen Welt statt. Die Armen in Deutschland profitieren vom Aufschwung so gut wie nicht.

Ausgerechnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) musste am 16. August vermelden, dass im März rund 1,93 Millionen Kinder bis 15 Jahre Hartz IV bezogen und damit so viele wie nie zuvor.
Die Zahlen sind amtlich. Sie stammen vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ). Die Kinderarmut-Debatte, die zuvor nur köchelte und ab und zu aufflackerte, ist nun neu entflammt.
Unrühmlicher Rekord
Um dem für die CDU und die SPD in den anstehenden Landtags-Wahlkämpfen heiklen Thema die Spitze zu nehmen, sprang Bundesfamilienministerin von der Leyen unverdrossen mit neuen Absichtserklärungen in die Bresche.
Gegenüber der Passauer Neuen Presse verkündete sie, sie wolle den sogenannten Kinderzuschlag reformieren. Mehr Familien mit Armutslöhnen sollen antragsberechtigt sein. Und das bürokratische Verfahren soll vereinfacht werden.
Warum die Antragsverfahren so elend bürokratisch überfrachtet sind, kann man sich denken. Wer genügend Papierkriegs-Hasser und Unbeholfene abschreckt, spart an armen Leuten richtig Geld. Wer also glaubt, dass sich da etwas ändert? Aber Versprechungen von Wohltaten finden immer Abnehmer. Frau von der Leyen gilt als populärer Aktivposten der CDU-Wahlkämpfer.
Seit neuestem liebäugelt sie mit einem halbierten Mehrwertsteuersatz für Kleinkinderbedarf.
Mit der Halbierung wird sie jedoch nie durchkommen, es sei denn Merkel und Müntefering klotzten gemeinsam gegen den Finanzminister. Da steht Steinbrück als “Engel mit dem Flammenschwert” davor und donnert “nein, keine Änderungen an Mehrwertsteuer-Details”, die EU spiele da nicht mit. Das ist eine feine Ausrede, die zum Teil stimmt und in der Vergangenheit schon häufiger gezogen hat.
Kinderzuschlag ist eine Nebelkerze
Wirklich schlimm an dem Vorhaben ist, dass es an den tatsächlichen Problemen völlig vorbeigeht. Denn Hartz IV-Familien wird laut Reglement der Bundesagentur für Arbeit (BA) überhaupt kein Kinderzuschlag gewährt. Deren Kinder kriegen pauschal 60 Prozent der Erwachsenen-Regelsätze und keinen Cent mehr. Einmalige Leistungen im Notfall gibt es seit dem Inkrafttreten des Hartz IV Armenknebel-Gesetzes im Januar 2005 keine mehr.
Der Hartz IV-Eckregelsatz von 347 Euro beruht nicht etwa auf dem belegbaren Bedarf von Familien sondern auf dem Verbrauchsverhalten der unteren 20 Prozent der Ein-Personen-Haushalte. Mehrheitlich sind das Rentner. Damit auch Politiker ihr Wissen auffrischen können, hat das die Frankfurter Rundschau vom 17. August noch einmal erwähnt.
Die Kommentatorin nennt es zu Recht “absurd, den Bedarf armer Kinder an dem armer Rentner zu messen”. Nur komisch, dass das hin und wieder punktuell auffällt, um dann verlässlich im Mediendunkel der Vergessenheit zu landen.
Über die mehr als knappe Nahrungszuteilung für Kinder und Heranwachsende im Zuge des Hartz IV-Reglements war erst durch die neue Studie des Bonner Forschungsinstituts für Kinderernährung eine heiße Debatte entbrannt. Politblog fasste die Auswirkungen unter dem Titel “Hungernde Kinder in Deutschland” zusammen.
Brisantes Thema im Wahlkampf
Dass einzig wegen des Vor-Wahlkampfs plötzlich CDU-Ministerpräsidenten wie Peter Müller und Dieter Althaus ebenfalls einen Teuerungszuschlag für Hartz IV-Bedürftige fordern, könnte glatt amüsieren, wenn es nicht so traurig wäre.
Der Kölner Politik-Professor Christoph Butterwegge hat zwischen 2000 und 2005 mehrere Bücher zum Thema Kinderarmut herausgegeben. Der Armutsforscher führt den traurigen Rekord darauf zurück, dass die konjunkturelle Belebung besonders an den Alleinerziehenden vorbeigeht. Dies bestätige, dass Hartz IV “eine Rutsche in die Armut” sei. “Kinder sind die Hauptleidtragenden.”
Frau Minister von der Leyen, die erfolgreichste Luftnummern-Kanone der Bundesregierung, verweist wiederum auf ihr Allzweck-Heilmittel namens Elterngeld, das angeblich davor schütze, überhaupt unter Hartz IV zu fallen.
Sie verkennt bewusst oder aus Unwissenheit, dass erst die Schröder-Merkelschen Murks-Gesetze von 2004 den stetig wachsenden Anteil an nicht-existenzsichernden Armutslöhnen und damit die faktischen Kombilohn-Bezieher als “Aufstocker” hervorbringen konnten. Mittlerweile sind rund 7,4 Millionen Menschen auf Hartz IV angewiesen, jeder neunte deutsche Bürger unter 65 Jahren.
Grüne Trickster
Bemerkenswert ist die enorme Kehrtwendung, die die BündnisGrünen im Bundestag dieser Tage zeigen. Loyal zu Schröders Sozialabbau-Agenda stehend hatten sie jahrelang nahezu alle sozialpolitischen Schandtaten mitgetragen und stets verteidigt. Nun in der Opposition wittern sie bessere Profilierungschancen durch betont kritische Stellungnahmen. Verstehen kann man das.
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer erregte Aufsehen mit der viel zitierten, eigentlich vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) übernommenen Aussage: “Die richtige Bandbreite liegt zwischen 390 und 450 Euro”. Ihr sozialpolitischer Fraktionssprecher im Bundestag, Markus Kurth, entdeckte neuerdings ein reiches, schlagzeilen-trächtiges Betätigungsfeld als Kämpfer gegen Kinderarmut.
Kurth forderte ein “neues transparentes, durch Parlamentsbeschluss legitimiertes Verfahren” für die Neu-Festlegung des Regelsatzes und einen eigenen “Kinderwarenkorb”.
Kinder sind die Hauptleidtragenden
Der wirkliche Bedarf der in Hartz IV-Familien lebenden Kinder und Heranwachsenden wird weder in der Ernährung noch in Schule und Sport durch die Regelsätze abgedeckt. Das war schon lange so, aber die Grünen haben es erst kürzlich neu entdeckt. Selbst das Ganztags-Schulessen ist für Hartz IV-betroffene Schüler meist zu teuer.
Aus dem Staunen kommt man kaum heraus, dass diese Tatsache plötzlich selbst der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann für seine ureigene Entdeckung ausgibt. So schnell wird man vom Saulus zum Paulus. Da sage noch einer, Politik wirke keine Wunder.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat ebenfalls endlich klar Position bezogen, die Kirchen dagegen nicht. Klare Worte fand DGB-Vorstand Annelie Buntenbach am Mittwoch (16. August) zu fünf Jahren Hartz-Kommission. Sie beklagte in der Frankfurter Rundschau, Arbeitslose und Familien erster und zweiter Klasse seien entstanden. Hartz IV habe ein Zwei-Klassen-System “in der Arbeitsmarktförderung geschaffen, in dem die Langzeitarbeitslosen das Nachsehen haben”.
Wissenschaftliche Rekonstruktion
Die wissenschaftlich anspruchsvollste, klarste Analyse der Misere Kinderarmut hat der Frankfurter Fachhochschul-Professor Rainer Roth vorgelegt. Er hat herausgearbeitet, dass bei den vor Weihnachten 2004 mit heißer Nadel gestrickten Hartz IV-Gesetzen offenbar mit reinen Sparabsichten an die Grundsicherungen für Kinder und Jugendliche herangegangen worden ist.
Die neuerdings in die Debatte geratene Misere hat benennbare Täter und Motive zur Ursache. Die Juristin Helga Spindler zeigt die Rolle der Beteiligten im aktuellen Buch des ‘Bundes Demokratischer Wissenschaftler’ “Netzwerk der Macht - Bertelsmann” detailliert auf.
Die einzigen nicht opportunistisch in Sachen Kinderarmut lavierenden politischen Kräfte sind anscheinend der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV), der Kinderschutzbund, die Erwerbslosen-Initiativen , die Humanistische Union und die Partei Die Linke. Sie alle haben seit langem eindeutig und klar zugunsten der Armen im Lande und ihrer Kinder Stellung bezogen und gehalten. Nur leider spiegelten sich die Positionen der “letzten Aufrechten” im Lande wenig in der bislang veröffentlichten Medien-Meinung wider.
Nach Paul Sethe, dem Mitbegründer der FAZ, ist die Pressefreiheit ja auch nichts anderes als „die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten“. Sechzig Jahre später haben die “Armen” zumindest das Internet. Das ist vielleicht wenigstens ein kleiner Fortschritt.
© Politblog - Lizenzrichtlinien
Politblog ist Mitinitiator der Aktion

Unterschreibt für Freiheit und Demokratie
Kommentar von Fahrenheit am 20. August um 16:09 Uhr
Vielen Dank für den guten Artikel. Allerdings sollte erwähnt sein, dass der BDI die Lohnzusatzkosten wie auch die Unternehmenssteuern noch weiter senken will - was die Abwärtsspirale noch weiter und schneller voran treiben würde.
Kommentar von guadalupe am 20. August um 17:33 Uhr
@Fahrenheit
Die Lohnzusatzkosten kommen den Arbeitenden in Folge besserer Krankenversorgung, höherer Rente zugute. Senkt man sie, sollte man fairerweise von Lohnsenkung sprechen.
Die Unternehmenssteuern kommen den Menschen in Folge besserer Schulen, Universitäten zugute. Senkt man die Unternehmenssteuern, erhöht man die Renditen der Kapitalbesitzer zu Lasten der Arbeitenden.
Gigantische Umverteilung von unten nach oben. Bis zum Finale.
Kommentar von atzekeule am 21. August um 11:35 Uhr
Sehr guter Artikel, Respekt!
@Fahrenheit
Vielleicht sollte sich ein jeder mal wieder vor Augen führen, daß der s.g. “Arbeitgeberanteil” an den Sozialabgaben nur ein Verwirrspiel ist. Es gibt de facto keinen Anteil, den der Arbeitgeber aus seiner Tasche bezahlt sondern nur den erarbeiteten Wert, der verteilt werden kann. So gesehen sind ALLE Abzüge auf Deiner Gehaltsabrechnung Arbeitnehmerabgaben. Hinzu kommt noch die Profitabgabe an den Arbeitgeber.
Wird der “Arbeitgeberanteil” gesenkt, hat das zur Folge, daß entweder die Gegenleistung bei gleichbleibender Abgabenlast für den Arbeitnehmer sinkt (inkl. Arbeitsplatzverluste und Einkommenseinbußen bei den Leistungsträgern) oder der Arbeitnehmeranteil steigt, um den Leistungsumfang konstant zu halten. Gespart wird da garnichts oder nur dort, wo eigentlich genug vorhanden ist und kein Sparzwang herrscht.
Ich vermute dieses Wortverwirrspiel entstammt sicher auch diesen unsägichen Thinktanks.
Kommentar von guadalupe am 21. August um 17:34 Uhr
@atzekeule
Du schreibst:
“Vielleicht sollte sich ein jeder mal wieder vor Augen führen, daß der s.g. “Arbeitgeberanteil” an den Sozialabgaben nur ein Verwirrspiel ist. Es gibt de facto keinen Anteil, den der Arbeitgeber aus seiner Tasche bezahlt sondern nur den erarbeiteten Wert, der verteilt werden kann. So gesehen sind ALLE Abzüge auf Deiner Gehaltsabrechnung Arbeitnehmerabgaben. Hinzu kommt noch die Profitabgabe an den Arbeitgeber. “
Ja, es ist ein ziemlich gut eingefädeltes Verwirrspiel.
Die Lohnnebenkosten teilen sich bekanntlich zwischen Firma und Arbeitnehmer auf. Sinken die Lohnnebenkosten um 5%, dann “spart” der Arbeitnehmer die Hälfte, die Firma aber auch die Hälfte. Die Hälfte, die die Firma spart, ist die Lohnsenkung.
Die “Profitabgabe” ist zu ungenau. Sie ist zu unterteilen in Unternehmerlohn (soweit der Unternehmer im Betrieb tätig ist, hat er Anspruch auf Vergütung seiner Leistung) und Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Bei kleinen GmbHs ist der Unternehmer oft auch sozialversichert und erhält für seine unternehmerische Tätigkeit ein Gehalt. Auch da hat die Senkung der Lohnnebenkosten den Effekt, daß er sein Gehalt zugunsten des Anspruches der Rendite senkt.
Bei der Diskussion der Senkung geht es also lediglich um den systemimmanenten Zwang des alten Geldes, den exponentiell steigenden Zins (=Rendite) zu befriedigen. Exponentiell bedeutet, daß in immer schnellerer Zeit alle geschaffenen Werte zu Zinseinnahmen werden müssen. Es müssen also alle Löhne in Zukunft auf das absolute Minimum gesenkt werden, ob man das dann Grundeinkommen, HartzIV nennt, ist dabei egal. (Einige werden sich höhere Löhne erstreiten können, vielleicht weil sie starke Gewerkschaften haben oder schwer ersetzbar sind, aber dann immer nur auf Kosten der Schwächeren, nicht der Rendite)
Die Bezüge der Führungseliten der transnationalen Unternehmen sind deswegen von unternehmerischer Leistung entkoppelt, weil sie vielleicht als Bestechung zu werten sind. Da wird keine Leistung entlohnt, sondern die Mittäterschaft bei der Umverteilung weg von den Leistenden.
Kommentar von WolframsWebWorld » Blog Archiv » Kein Aufschwung, sondern traurige Hartz-IV-Bilanz am 21. August um 20:12 Uhr
[…] Zieht man ein Fazit der ganzen letzten Jahre, so ist es eigentlich sehr eindeutig: Hartz-IV ist eine sozialpolitische und gesellschaftliche Katastrophe. Kritische Worte in den Medien? Fehlanzeige [via NachDenkSeiten]. Inzwischen lebt jedes sechste Kind in Deutschland unter der Armutsgrenze, jeder neunte Bürger ist auf Hartz-IV angewiesen [via Politblog]. […]
Kommentar von Stephanie Kollwitz am 22. August um 21:56 Uhr
Ihr Lieben,
ich bin alleinerziehende Mutter von 3 Kindern, 2 davon verwaist. Der Nachlass wird von einem gerichtlich eingesetzten Testamentvollstrecker “verwaltet”, Kapital aus Lebensversicherungen des Vaters aufgrund der Minderjährigkeit der Kinder von einem Ergänzungspfleger “verwaltet”. Dieses Vermögen verhindert logischer Weise, dass wir Hatz IV bewilligt bekommen.
Fakt: Eine 4-köpfige Familie ohne Grundsicherung nach SGB II!!!!
Seit 2 Jahren und 4 Monaten rede/schreibe/spreche ich offensichtlich eine seltene Fremdsprache - weder Testamentvollstrecker noch Ergänzungspfleger nahmen sich dieser Situation ihrer Mandaten an. Ich habe nun einen dritten Rechtsanwalt mit der Durchsetzung unserer Rechte und Bedürfnisse beauftragen müssen; ein Widerspruch in sich! Nachdem ich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend um Unterstützung bat (selbstverständlich nannte ich alle Fakten, Daten und Namen), zeigt sich das zuständige Amtsgericht zumindest interessiert und forderte den Ablehnungsbescheid der ARGE. Unfassbar? Bittere Realität für mich seit über 2 Jahren.
Kommentar von Kinderarmut war einkalkuliert - Hartz IV und die Folgen - Pax Aeterna am 23. August um 07:57 Uhr
[…] · tar, den 23.08.07 in Probleme, Deutschland, Politik, Liberalismus, Soziales, Wirtschaft Quelle: politblog.net […]
Kommentar von atzekeule am 23. August um 10:26 Uhr
@guadelupe
ich fürchte wir schwenken zu sehr vom Thema ab. Dennoch muß ich auf eine Kleinigkeit hinweisen.
Du schreibst:
“Ja, es ist ein ziemlich gut eingefädeltes Verwirrspiel.
Die Lohnnebenkosten teilen sich bekanntlich zwischen Firma und Arbeitnehmer auf.”
Du hast scheinbar nicht verstanden, was ich gemeint habe. Die Lohnnebenkosten teilen sich nicht auf. Es kann bekanntlich nur das verteilt werden, was vorher erarbeitet wurde. Egal wie sehr aufgrund irgendwelcher Gesetze oder betriebswirtschaftlicher Verwirrungen diese Tatsache verschleiert wird. Es gibt nur erarbeiteten Mehrwert und dieser kommt von der Arbeit der Angestellten (AN) einer Firma (AG) und nicht von der Firma selbst. Ein Unternehmer, der selbst arbeitet, gibt doch seinen Angestellten nichts von seiner Arbeitsleistung ab. Erstens funktioniert so das System nicht und zweitens wäre derjenige zwar ein großzügiger Mensch aber ein sehr schlechter Unternehmer.
Die Rendite steht auf einem ganz anderen Blatt und die Zinsproblematik inklusive Wachstumszwang ist mir wohlbewußt. Sie kommt erschwerend hinzu.
Stell Dir doch einfach ein Wirtschaftsystem ohne diese Problematik vor und frage Dich, wozu da ein Arbeitgeberanteil nötig ist, wenn nicht zur Verschleierung der wirklichen Brutto-/Netto-Lohn-Differenz. Der Arbeitgeberanteil ist kein Anteil des Arbeitgebers sondern aus Sicht der Wertschöpfung gesehen Teil des Bruttolohnes, Fakt! Genauso muß auch jeder Unternehmer rechnen.
Kommentar von guadalupe am 23. August um 12:17 Uhr
@atzekeule
hast ja Recht. Richtig: Der Arbeitgeberanteil ist Teil des Bruttolohns.
Bitte daran denken. Gerade bei Kleinbetrieben ist die Leistung des mitarbeitenden Unternehmers Teil der Wertschöpfung, die manchmal als kalkulatorischer Lohn bilanziert wird, meist aber im Unternehmergewinn verschwindet.
Der Unternehmergewinn ist also bei mitarbeitenden Unternehmern zu unterteilen in Rendite und Unternehmerlohn.
Unternehmerlohn für die Leistung, Rendite für das investierte Eigenkapital.
Bei aller Kritik der Verschleierung: Die Aufteilung der Lohnnebenkosten in Arbeitgeber und Arbeitnehmeranteile hat einen -nicht mehr diskutierten- positiven Nebeneffekt für die Arbeitnehmer. Steigen die Lohnnebenkosten beispielsweise, weil man den jetzigen Rentnern mehr Geld gönnen möchte, wirken sie wie eine automatische Lohnerhöhung für alle, weil die Unternehmen hälftig davon mehr zahlen müssen, ohne dass der brutto-Lohn erhöht wird.
Die Rendite (also Zinsproblematik) kommt nicht erschwerend hinzu, sondern ist die Grundlage der Misere.
Ein Wirtschaftssystem ohne diese Problematik würde also automatisch den Mehrwert den Leistenden und nicht dem Shareholder (=Kapitalgeber) geben.
Da diese Tatsache aber politisch weder von links noch rechts diskutiert wird (Tabu des Geldes), werden künstliche Fronten aufgebaut. Der hochverschuldete Unternehmer fordert ja nicht eine Senkung des Zinses oder eine Zinsbefreiung, sondern will den Zinshunger, da er ihn nicht hinterfragt, durch Lohnsenkung erwirtschaften (besser umverteilen). Da der Arbeitnehmer auch nicht hinterfragt, kämpft er mittels Gewerkschaften (=Streik) für punktuelle Lohnsteigerungen. Freuen tut sich immer die Kapitalseite (die Geldgeber), weil bei erfolgreichen Streiks renditesenkende Überproduktionen vom Markt geräumt werden und sich die Zinsforderung stabilisiert. Außerem bekämpfen sich so “Gegner”, die eigentlich beide Opfer sind.
Dabei ist perverserweise der Unternehmer, weil er ja auch Eigenkapital in der Firma stecken hat, gleichzeitig Nutznießer der Misere; der Arbeitnehmer häufig auch, sitzt er doch als Rentenfonds-Teilhaber mit seinem Ersparten auch auf der anderen Seite. Mit Riester-Rente wird also ein ideologisches Umfeld geschaffen, die es dem ausgebeuteten Leistenden gedanklich noch schwerer macht, die Zusammenhänge zu durchschauen, selbst wenn die Rentenfonds sich systemlogisch in 20 Jahren in Luft auflösen werden.
Kommentar von Anna am 23. August um 14:11 Uhr
Hallo, seit der Trennung bin ich gezwungen, mit meinen beiden Kindern von Hartz IV zu leben. Doch das erschreckende daran ist, dass die Kinder nur den ermäßigten Regelsatz von 60% bekommen, das sind gerade mal 207,- € + Mietanteil. Kinder brauchen wesentlich öfters neue Kleidung und neue Schuhe als Erwachsene, weil sie eben noch wachsen, sie brauchen Schulsachen, sie essen mehr. Das Kindergeld wird als Einkommen abgezogen, also haben wir davon auch nichts. (Wofür zahlen sie denn das Kindergeld überhaupt noch für Hartz IV-Empfänger? Das ist doch nur Augenwischerei und dumme Rechnerei, denn wir bekommen es ja doch nicht! Da zieht die eine Stelle vom Arbeitsamt das Geld von der anderen Stelle des Arbeitsamtes, genannt Familiekasse, wieder ab, ein rein bürokratischer unnötiger Aufwand.) Wie kann das angehen? Kinder brauchen nachweislich mehr als ein Erwachsener, bekommen aber nur die Häfte an Unterstützung!! Wo ist die Logik??? Da möchte ich doch mal Frau von der Leyen oder andere grossmäulige Politiker sehen, wenn sie ihre Kinder mit mageren 207,-€ monatlich durchbringen müssen. Aber sie haben mit ihren von Steuergeldern finanzierten Großverdiensten keine Ahnung! Doch was das ganze noch entsetzlicher macht, ist die Tatsache, dass man auch bei einer 6-stündigen bis ganztägigen Arbeitsaufnahme letztendlich als Frau nicht mehr raushat, als wie das, was wir jetzt vom Amt bekommen. Sehr wahrscheinlich sogar weniger. Doch die Aussicht auf eine Arbeit für eine Mutter von zwei halbwüchsigen Kindern ist sehr sehr gering. Also werden wir weiterhin im angeblich so reichen Deutschland an der Grenze zur Armut leben.
Kommentar von bernhard am 13. September um 19:43 Uhr
zur Kinderarmut das merke dir, die SPD ist Hartz IV!