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Wahlen sind Einstellungen von Mitarbeitern, das Grundgesetz ist der Arbeitsvertrag

Stellt euch vor, eine Stelle in einem der ganz großen Betriebe wird frei. Um sie neu zu besetzen, schreibt der Besitzer die Stelle auf dem Stellenmarkt aus und freut sich auf die Bewerbungen.
Weil er der Besitzer ist, kann er nach Belieben die Spezifikationen der Ausschreibung und die genauen Aufgaben des zukünftigen ihm unterstellten Mitarbeiters bestimmen. Die Bewerber können nicht ihrerseits Forderungen stellen, er alleine bestimmt über den Vorgang. Wenn er will, kann er von den Bewerbern alles fordern was er will. Dass sie ihm ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis vorweisen oder einen negativen Drogentest. Er ist der Chef.

Genauso kann er selber nach Belieben festlegen, wie genau die Bewerber ihre zukünftige Tätigkeit zu verrichten haben. Er kann ihr Gehalt festlegen, ihre Arbeitszeiten und ihre Aufgaben. Er kann ihnen Regeln auferlegen, deren Bruch mit einer sofortigen Entlassung bestraft wird.

Diese Regeln und Rahmenbedingungen, unter denen der Besitzer des Betriebes bereit ist, den Mitarbeiter einzustellen, werden in einer vertraglichen Form festgesetzt. Es entsteht ein Arbeitsvertrag, an den sowohl Besitzer als auch Mitarbeiter gebunden sind. Bei Bruch des Vertrages wird das Arbeitsverhältnis aufgelöst.

Wenn ein einzelner Bewerber Probleme mit diesen Rahmenbedingungen hat, so hat das den Besitzer nicht im Geringsten zu stören. Es gibt unzählige andere Bewerber, die glücklich über diesen Arbeitsplatz wären.

Dieser große Betrieb heisst Bundesrepublik Deutschland. Wir, das Volk, sind der Besitzer.

Da wir nicht die Zeit haben, den Betrieb Bundesrepublik von den Projektleitern bis hoch in die Managementetage selbst zu führen, schreiben wir Stellen dafür aus. Wir nennen den Arbeitsplatz Staat, und unterteilen ihn in Exekutive, Legislative und Judikative.

Da wir uns darüber einig sind, dass wir in unserer Bundesrepublik eine Autorität und staatliche Gewalt brauchen, sind wir bereit, einen Teil unserer Souveränität an die Angestellten aus Exekutive, Legislative und Judikative aufzugeben. Wir sind bereit, uns exekutiven Handlungen, legislativen Gesetzen und judikativen Entscheidungen zu beugen, die unsere Angestellten in unserem Namen treffen.

Wir sind zu dieser Souveränitätsaufgabe aber nur dann bereit, wenn sie unter festgesetzten und fairen Regeln geschieht. Dazu haben wir einen Arbeitsvertrag verfasst, der für uns Besitzer und für unsere Angestellten das Arbeitsverhältnis genau regelt.

Dieser Arbeitsvertrag ist das deutsche Grundgesetz.

Nur wenn unsere Angestellten aus Exekutive, Legislative und Judikative sich an diesen Arbeitsvertrag halten, sind wir im Gegenzug dazu bereit, uns ihrer Gewalt zu beugen und sie für ihre Arbeit angemessen zu bezahlen.

Da wir, und nur wir, die Besitzer dieser unseren Republik sind, können wir die Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses, für dass sich unsere Angestellten bewerben, beliebig ändern. Fairerweise sollten wir die gerade tätigen Angestellten für die Dauer des jetzigen Vertrages, also bis zur nächsten Wahl bzw. Besetzung von offenen Stellen, nicht mit plötzlichen Veränderungen durcheinander bringen. Wenn aber die nächsten Wahlen anstehen, dann können wir als Besitzer den Arbeitsvertrag neu formulieren.

Beispielsweise könnten wir jeden Bewerber dazu verpflichten, während der Zeit seiner Anstellung in unserem großen Betrieb die gleichen Formulare auszufüllen und Repressalien über sich ergehen zu lassen wie ein ALGII-Empfänger. Unser Betrieb, unsere Regeln. Wenn die Bewerber einen Job wollen, dann müssen sie akzeptieren dass wir sie nur dann fürstlich entlohnen wenn sie nicht anderweitig Geld verdienen.

Genau so könnten wir bestimmen, dass ab der nächsten Wahl ein neues Grundgesetz gilt, nachdem nicht nur wie bislang der Mitarbeiter “Bundespräsident” keinen Nebenjob haben darf, sondern auch die Mitarbeiter im Bundestag dieser Regel unterworfen sind. Wer nicht damit einverstanden ist, braucht sich gar nicht mehr um eine Stelle in unserem großen Betrieb bewerben.

Wir behandeln unsere Angestellten mehr als gut. Sie bekommen ausreichend Urlaub, schicke Dienstgebäude wie das sündhaft teure neue Kanzleramt und rumd um die Uhr Chauffeure, von den Dienstwägen bis zur Flugbereitschaft der Bundeswehr. Dafür sollten sie uns dankbar sein.

Die Mentalität von uns Bürgern muss sich ändern. Es sind nicht die Politiker “da oben” und wir “da unten”. Wir sind die Chefs dieser Republik und sie die Angestellten. Dementsprechend sollten wir auch auftreten und Selbstvertrauen aufbauen.

DaRockwilda
Dieser Eintrag wurde am Montag, den 28. August 2006 von DaRockwilda geschrieben und in die Kategorie Gesellschaft eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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Kommentar von Explosiv-Blog » Blog Archive » Wahlen sind Einstellungen von Mitarbeitern, das Grundgesetz ist der Arbeitsvertrag am 28. August um 08:18 Uhr

[...] Weil er der Besitzer ist, kann er nach Belieben die Spezifikationen der Ausschreibung und die genauen Aufgaben des zukünftigen ihm unterstellten Mitarbeiters bestimmen. Die Bewerber können nicht ihrerseits Forderungen stellen, er alleine bestimmt über den Vorgang. Wenn er will, kann er von den Bewerbern alles fordern was er will. Dass sie ihm ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis vorweisen oder einen negativen Drogentest. Er ist der Chef. mehr… [...]

Kommentar von Steve am 28. August um 16:35 Uhr

Hallo RockWilda,

den Betrieb, den du beschreibst, musst du noch etwas modifizieren: Der Chef hat die Aufgabe des Einstellens an die Einzustellenden abgegeben.

Die reale Macht des Volkes ist 0 Mc (Macchiavelli, SI-Einheit der Macht). Millionen protestierten gegen Hartz IV. Hunderttausende gegen Studiengebühren. Millionen gegen eine Beteiligung am Irakkrieg. Millionen wählten gegen eine Merkelregierung. Und gegen die Gesundheitsverschlimmbesserung haben nur keine Millionen protestiert, weil die Diskussion bewusst in die Zeit der Fussball-WM gelegt wurde. Und all das ist nun Realität. In der aktuellen Diskussion sind Vorschläge, die Arbeitslosen zu einer Volkssicherheitstruppe zu formen - wer nur Bellamy’s Industrial Army damit assoziiert, ist optimistisch. Die Interessen des Volkes, mit lauter Stimme klar gemacht, werden bestenfalls ignoriert. Ein Vierteljahrhundert Massenarbeitslosigkeit in einem der reichsten Länder der Welt sprechen ihre eigene Sprache. Wie selbstbewusst sollen wir denn noch werden? Das Parlament steht nicht auf unserer Seite, soviel muss klar geworden sein.

Man kann sich retten, indem man behauptet, die “Volks”vertreter wollten ja nur das Beste fürs Volk, das zu infantil ist, um es besser zu wissen. Schönes Pack, nebenbei bemerkt, das 80 Millionen Menschen für zu dumm hält. Aber nehmen wir an, es wäre so. Nun, dann müsste ja das getan werden, was wirklich im Interesse des Volkes liegt. Die Kapitalflucht weniger müsste zum Wohle der Arbeitsplätze von Millionen aufgehalten werden; die Pharmakonzerne der wenigen zum Wohle aller Kranken beschnitten werden; die Lagerhaltung auf Autobahnen (”just in time”) gegen das Im-Stau-stehen aller abgewogen werden; Lidls Profit steht gegen das Wohl seiner Angestellten; die Diäten der Abgeordneten steht gegen die Gehälter ihrer Reinigungskräfte; der Hartz-IV-Satz steht gegen den Spitzensteuersatz. In allen diesen Fällen entscheiden “unsere” Angestellten gegen uns.
Nein, für das Wohl des infantilen Volkes wird hier auch nicht gearbeitet.

Um zum Punkt zu kommen: Es sind “die da oben”. Wir sollten sie nur einstellen, aber sie stellen sich selbst ein. Die Situation, die du beschreibst, ist das Ziel, aber sie ist nicht so, und da kann das Volk noch so viel Selbstbewusstsein entwickeln, sie wird ohne ein gründliches Rauskehren der heutigen Elite nicht zu erreichen sein. Um Ludwig Marcuse zu zitieren: Europa besteht eben nur aus Halbdemokratien.

Schönen Gruß, Steve

P.S.: Mancher mag sich jetzt fragen, ob man denn nicht das Parlament von innen heraus, als Partei darin verändern könne. Man sehe sich das Schicksal der Grünen an. Weitere Fragen?
Eine Änderung des Systems im Rahmen des Systems ist unmöglich. Jede Initiative in Richtung eines demokratischen Staats in dieser Halbdemokratie muss wegen der erdrückenden publizistischen, politischen und wirtschaftlichen Macht der CDUSPD scheitern.

Kommentar von DaRockwilda am 28. August um 17:33 Uhr

@Steve:

“Der Chef hat die Aufgabe des Einstellens an die Einzustellenden abgegeben”

Ja, aber wie der Besitzer der das Management an die nun ja Manager abgibt, kann er sie wieder feuern.

“und da kann das Volk noch so viel Selbstbewusstsein entwickeln, sie wird ohne ein gründliches Rauskehren der heutigen Elite nicht zu erreichen sein”

Ja neben dem Selbstbewusstsein braucht es noch tatsächliche Aufmerksamkeit und ein Denken, dass Politik einen ja tatsächlich was angeht. Der Willen zum Rauskehren müsste also auch erst da sein, da gebe ich dir Recht.

Kommentar von guan am 11. September um 21:30 Uhr

moin!

erstmal danke für die klaren worte in diesem beitrag, DaRockwilda - genau: eigentlich sind wir es! aber wir sind es nicht wirklich…

die worte sprechen sicher vielen von uns aus der seele. und auch wenn der eine oder andere es nur noch nicht so ganz erkennen will: wir haben keine demokratie! - und das nur, weil sie uns noch nie gegeben worden ist (sonst hätten wir bereits vor-vorgestern eine von uns selbst bestimmte verfassung!). diese art von schein-demokratie (manchmal auch ‘demokratur’ geschimpft) ist uns bisher nur mit elend-süssen lügen “verkauft” worden, damit wir alle diesen ’schwindel eines verrottenden kapitalsystems’ weiter mitmachen sollen. und den ‘tanz des todes’ steppen wir nun alle gemeinsam (der tanz der hochfinanz?!), bis uns mal wieder unversehens die eingeweide rausfallen sollten, weil wir mal wieder nur zugesehen und diskutiert hatten, während faschistische neocons bereits wieder ihre “waren vertrieben”…

und das ist auch die verdammte krux hierbei: heute erkennen es viele menschen leider einfach immer noch nicht, weil sie verblendet wurden - von medien, von elenden dummschwätzern (welche sich ständig als “experten” aufspielen, obwohl sie eigentlich bereits längst vor lauter angst den eigenen dünnschiss (sorry!) aus ihren ‘eleganten hosen’ abkratzen müssten) und vom mitläufertum. und letzteres ist leider genau diese ‘undefinierbare komponente’, mit welcher man zwar eventuell rechnen kann, dies besser aber bleiben lassen sollte, weil manipulation das schwere stichwort ist: “die bleierne süsse des gegessenen fabrikantenbrotes lässt wankend machen”…

man lese mal elias canetti ‘masse & macht’ bzw. wilhelm reichs ‘massenpsychologie des faschismus’ et cetera. und dann weiss man leider auch wieder, wie massiv einfach - vor allem heutzutage, durch die einfachheit der medialen beeinflussungen! - die meisten schichten dieser gesellschaft zu manipulieren sind. und dann würde ich persönlich generell nicht darauf bauen wollen, zumal (wie sich abzeichnet) kein echter widerstand auch seitens der “intelligencia” insgesamt vorhanden scheint. - ich hoffe inständig, ich irre mich!!

noch ne frage hierzu:
“die Arbeitslosen zu einer Volkssicherheitstruppe zu formen”

was bitte ist damit genau gemeint? “volkssicherheitstruppe” hört sich gar stark nach der strategie an, welche die bertelsmann’schen ideologievertreter den hartzies bereits schon im letzten jahr ‘aufgedrückt’ hatten, sich bei entsprechenden kursen “zu melden” (natürlich unter zwang; oder “abschlagsgeld”!), um sich emotional nackig machen zu müssen - sprich: “erzähl mir was von deinem leben (und deinem alkoholkonsum!) und wir sehen, was insgesamt mit deiner person machbar sein wird”…

das hatten wir doch alles bereits gehabt, oder? - 1927? oder gar schon früher??

der ewige geld-rhythmus ist das problem: der reaktionäre zinseszins lässt die menschen nicht mehr leben und atmen, sondern versucht zudem (auf immer) auch die progressive kreativität in uns selbst, in unserem miteinander, zu vernichten…

ich hab die befürchtung, dass das ‘grundgesetz’ nur noch ein mäntelchen zur ruhigstellung der leute ist; ein maskierender umhang, der all die menschen nur bis zur nächstmöglichen währungsabwertung (die wohl sehr, sehr bald kommen wird) ruhigstellen soll! - das portal zum quantensprung ins neue feudalzeitalter ist bereits geöffnet worden. oder glaubt ihr nicht?

-

ansonsten: vielen dank für dieses blog! bin immer gern am reinlesen. und es ist gut, hier wieder überall die denkenden auch erkennend zu sehen…

lg
guan

ps. auch wenn mein kommentar nun grad auf fast alle themen passen sollte (musste einfach mal wieder raus!): die 6 milliarden sklaven sind insgesamt längst am marschieren! :o)

Kommentar von DaRockwilda am 15. September um 20:15 Uhr

“und dann würde ich persönlich generell nicht darauf bauen wollen, zumal (wie sich abzeichnet) kein echter widerstand auch seitens der “intelligencia” insgesamt vorhanden scheint”

Ich habe dazu mal einen interessanten Text gelesen, der mir zu denken gegeben hat. Es kennt bestimmt jeder die berühmten Zeilen von Pastor Niemöller (sinngemäß): “Als sie die Zigeuner holten, protestierte ich nicht. Ich war ja kein Zigeuner. Als sie die Kommunisten holten, protestierte ich nicht, ich war ja kein Kommunist … Als sie mich holten, gab es niemanden der noch protestieren konnte.”

Jeder von und sollte sich mal die Frage stellen, ob solch eine Situation heute nicht noch genauso möglich wäre. Wer von uns würde protestieren, wenn sie die Dealer holen ? Dann die Drogenabhängigen ? Dann die Behinderten ? Dann die Scientologen ? Vielleicht dann die Moslems ?

Und andersrum, stellt euch vor, ihr werdet geholt. Grundlos, zu Unrecht. Wer würde für euch protestieren ? Würde eure Nachbarn versuchen, euch zu helfen, oder würden sie um keinen Ärger zu bekommen die Rollläden herunterziehen ? Was ist mit euren Kollegen, euren Freunden ? Würden sie euch helfen ?

Wie viele Weiße Rosen gäbe es heute, und wie viele die stillschweigend zuschauen ?

Kommentar von Paradoxon: Verfassungsschutz in Deutschland « Welcome 2 upstars am 21. Mai um 01:55 Uhr

[...] ein Instrument derer, die momentan an der Macht sind. Seine Aufgabe ist nicht wirklich der Schutz des Arbeitsvertrages, den die Bürger mit ihren Verwaltern in Berlin geschlossen haben, sondern lediglich Schutz der [...]

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