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UPDATED (22.05.06): Bush übt für die Diktatur

“If this were a dictatorship, it’d be a heck of a lot easier, just so long as I’m the dictator.”

— George W. Bush, 18.12.2020

George Bush erfüllt sich seinen Traum vom amerikanischen “dictatorship”.

Die Gründerväter der Vereingten Staaten gaben dem Land nach dem Unabhängigkeitskrieg gegen den tyrannischen König von England eine für diese Zeit ausgesprochen demokratische Verfassung. Noch heute wird in der Schule die amerikanische Verfassung als Vorbild der demokratischen Grundordnung eines Staates respektiert.
Eine wichtige Eigenschaft der Verfassung ist das Gebot der Gewaltenteilung, das die Herrschaft über das Volk in drei getrennte Bereiche unterteilt, die sich gegenseitig kontrollieren sollen: Das System der “checks and balances”.

In der amerikanischen Verfassung werden die Rechte und Pflichten der drei Bereiche der Gewaltenteilung klar definiert. So hat beispielsweise nur der Kongress das Recht, Gesetze zu verabschieden. Der Präsident hat dann die Pflicht, “dafür zu sorgen dass die Gesetze ordnungsgemäß ausgeführt werden”.

Nach sechs Jahren wird Präsident aber ungeduldig und will sich seinen Traum vom dictatorship endlich erfüllen, und beschließt deshalb, sich dem Auftrag aus der Verfassung zu widersetzen:

“Bush dagegen hat wiederholt verkündet, dass er ein Gesetz nicht auszuführen braucht, wenn er der Ansicht ist, es sei verfassungswidrig” schreibt der Boston Globe.

Hier kommt ein neuer Bereich der Gewaltenteilung ins Spiel, der Richter über die Verfassung. Bush beansprucht das Recht für sich, zu bestimmen welches Gesetz verfassungskonform ist oder nicht. Diese Überheblichkeit an sich ist aber schon wiederum verfassungswidrig, da dieses Recht nur dem Obersten Gerichtshof Amerikas zusteht.

Und wie genau macht Bush jetzt die checks and balances eigenhändig überflüssig ?


“Bush ist der erste Präsident in der jüngeren Geschichte Amerikas, der noch nie bei einem Gesetz sein Veto eingelegt hat. Dieses Veto würde nämlich dem Kongress die Möglichkeit geben, dieses Veto wiederum für nichtig zu erklären. Stattdessen unterschreibt er anstandslos jedes Gesetz, dass auf seinem Schreibtisch landet. Oft lädt er dabei diejenigen Abgeordneten, die das Gesetz im Kongress eingebracht haben, zu feierlichen Zeremonien ein, bei denen Bush ihre gute Arbeit preist.

Danach, wenn die Abgeordneten und die Medien das Weiße Haus verlassen haben, fügt Bush dem Gesetz so genannte “signing statements” an. Dies sind offizielle Papiere, in denen ein Präsident seine Interpretation des Gesetzes darlegt, damit die Exekutivbeamten sie berücksichtigen wenn sie das neue Gesetz ausführen.

In seinen “signing statements” hat Bush wiederholt behauptet, die Verfassung gäbe ihm das Recht, zahlreiche Passagen von Gesetzen zu ignorieren - Passagen, die oft Vorraussetzungen dafür waren, dass der Kongress den Rest eines Gesetzes akzeptiert”.

Bush hat auf diese Weise mehr als 10% der vom Kongress verabschiedeten Gesetze unterminiert, insgesamt mehr als 750. Vorzugsweise Gesetze, die Bush das Foltern von Gefangenen und das Abhören der Bevölkerung verboten hatten. Bush behielt sich nicht nur das Recht vor, weiterhin Foltern zu dürfen, sondern verneinte auch die Anweisung, den Soldaten Nachhilfekurse in Sachen Menschenrechte geben zu lassen.
Vier Mal verabschiedete der Kongress Gesetze, die der Regierung verboten, die eigenen Streitkräfte in jedwede Kampfhandlungen in Kolumbien eingreifen zu lassen. “Jedesmal, wenn er eines der Gesetze unterschrieb, fügte der Präsident an, er müsse sich nicht an diese Regelungen halten”.



Ein anderes Gesetz sollte Bush dazu verpflichten, dem Kongress jedes Mal Bericht zu erstatten, wenn er Geld von einem bereits autorisierten Programm in ein verdecktes und der Kontrolle entzogenes Programm abzweigte. Auch dies befand Bush für nichtig.

Zu guter Letzt etablierte der Kongress ein Gesetz, das Mitarbeitern des Energieministeriums und der Nuclear Regulatory Commission Schutz vor Drangsalierungen versicherte, wenn sie Probleme mit Amerikas Atomkraftwerken melden würden. Anstatt dieses Engagement für sicherere Kernenergie zu würdigen, behielt sich Bush vor, die “whistle-blower” trotzdem zu schikanieren.

Selbst wenn der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten den Kongress in seinem Tun bestätigt, weigert sich Bush, dies anzuerkennen:
So hat der Kongress beispielsweise eingeführt, dass er spezielle Strafverfolger einführen kann, die nicht dem Befehl des Justizministeriums unterstehen. Eben so ein “special prosecutor” ist Patrick Fitzgerald, der gerade im Fall Valerie Plame gegen das Weiße Haus ermittelt. Eine andere Richtline sollte die Bundeshandelskommission unabhängiger von politischen Einflüssen machen.
Ungeachtet der nochmaligen Bestätigung des Obersten Gerichtshofs, diese Beschlüsse des Kongresses seien legitim, beharrte Präsident Bush auf seiner Diktatorenattitüde: Jeder Beamte der Exekutive unterstünde letztendlich dem Kommando des Präsidenten.

Aber es ist nicht nur der Präsident, der die Verfassung scheinbar für nutztlos hält. Wenn der Kongress nämlich das Prinzip der checks and balances aufrecht erhalten würde, dann würde sich der Artikel im Boston Globe nicht auf besorgte Politik- und Rechtswissenschaftler stützen, sondern auf empörte Kongressabgeordnete. Wenn die Legislative ihre Aufgabe ernst nehmen würde, dann wäre Bush schneller seines Amtes enthoben als er “dictatorship” sagen kann.

Doch durch die Komplizenschaft des Kongress kann Möchtegerndiktator Bush die checks and balances und die gesamte Verfassung außer Kraft setzen, und mehr und mehr Macht auf der Exekutive und dem Amt des Präsidenten vereinen.
Bushs Vorbild ist Imperator Palpatine, der wie Bush aus einer Demokratie mit Hilfe von Angst vor äußeren Feinden eine Diktatur gemacht hat.

UPDATED (22.05.06)

Robert L. Black Jr, Richter des Ohio 1st District Court of Appeals im Ruhestand, schreibt im Cincinnatti Enquirer über dieses Ende der Gewaltenteilung, dass Bush vorantreibt:

“Are we ready to discard our Constitution because we are afraid of Osama bin Laden?“

DaRockwilda
Dieser Eintrag wurde am Mittwoch, den 10. Mai 2006 von DaRockwilda geschrieben und in die Kategorie Internationale Politik eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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Kommentar von DaRockwilda am 30. Juli um 14:38 Uhr

Bloomberg hat einen Artikel, der auch auf die signing statements eingeht. Titel: “Who Needs Congress or Courts With Bush in Charge?”

http://www.bloomberg.com/apps/news?pid=20601039&refer=columnist_woolner&sid=aN6hUxWt5pVM

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