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Gingrich: "Supreme Court sollte überstimmt werden können"

Der ehemalige Mehrheitsführer im US-Repräsentantenhaus, Newt Gingrich, sprach letzten Donnerstag bei einer Konferenz an der Georgetown University.

Um sich zuerst Zustimmung zu verschaffen, brachte Gingrich das Thema der “Pledge of Allegiance” an, dem “Treueschwur der USA”, den jeder Grundschüler morgens aufsagen muss. Die darin enthaltene Formulierung “eine Nation unter Gott” wurde 2002 von einem kalifornischen Gericht als verfassungswidrig gebrandmarkt, wenn es in öffentlichen Schulen aufgesagt wird. 2004 jedoch revidierte der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) diese Entscheidung.
Der Fall ist aber noch nicht abgeschlossen, und deshalb könnte es in nicht all zu ferner Zukunft eine erneute Entscheidung des Obersten Gerichtshofes geben.

In diesem Zusammenhang forderte Gingrich, dass Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs “von den beiden anderen Verfassungsorganen überstimmt” werden können sollten, falls die Entscheidung des Gerichtshofs nicht konsistent mit dem “Willen der Nation” ist.

Gingrich lehne kategorisch die Idee ab, “dass die Richter mit einer 5 zu 4-Mehrheit die Verfassung umschreiben können, es gleichzeitig aber zwei Drittel des Kongresses und drei Viertel der Bundesstaaten bedarf, um (die Stimmen von) 5 Richtern auszugleichen”.

Was Gingrich also effektiv fordert ist die Untergrabung der Macht des Obersten Gerichtshofs und damit eine signifikante Schieflage im Machtgefüge zwischen den drei Verfassungsorganen.

Wären Entscheidungen des Obersten Gerichtshof nicht mehr bindend, so gäbe es niemanden mehr, der die Verfassungsmäßigkeit von neuen Gesetzen oder Politiken der Exekutive überprüfen kann. Könnte die Legislative selbst einen etwaigen Einspruch des Obersten Gerichtshofs überstimmen, so wäre jedes denkbare verfassungswidrige Gesetz leicht einzuführen. Die Verfassung wäre nur noch das Papier wert, auf dem es geschrieben wurde.

Darüber hinaus argumentiert Gingrich hier mit Halbwahrheiten. Um dazulegen dass es sich bei dem Fall des Treueschwurs um einen Fall von “Nationalem Willen” handelt, behauptet er dass “der große Teil der Öffentlichkeit an sein Recht glaubt, den Treuerschwur (einschließlich der Gott-Passage) aufzusagen. Dies hat das kalifornische Gericht dem Volk allerdings keineswegs verboten. Verboten wurde nur die Aufsagung der Gott-Passage in öffentlichen und damit staatlichen Schulen, da dies eine Verletzung der Trennung von Staat und Kirche darstelle. Wenn also ein US-Amerikaner auf diese Passage besteht darf er sie gerne zitieren, nur darf dies eben nicht in der öffentlichen Schule für alle Schüler verpflichtend sein.

Es darf sowieso angenommen werden, dass Gingrich das Thema des Treueschwurs nur als Vorwand benutzt, da er hier die meiste Unterstützung erwarten kann. Der Oberste Gerichtshof hat angesichts der Verbrechen der Bushadministration sein Veto eingelegt, so zum Beispiel als er die geheimen Militärtribunale auf Guantanamo für verfassungswidrig erklärte.

Da der Kongress sich ein ums andere Mal als ein Haufen von willigen Komplizen darstellt, ist der Oberste Gerichtshof das einzige Verfassungsorgan, dass Bush und der geplanten Verwandlung der vormals freien Republik der USA in einen totalitären Polizeistaat wie in “V For Vendetta” im Wege steht.

Selbst wenn Gingrich hier in guter Absicht handelt, würde seine Forderung Bush und seinen PNAC-Beratern einen Bärendienst erweisen.

DaRockwilda
Dieser Eintrag wurde am Mittwoch, den 4. Oktober 2006 von DaRockwilda geschrieben und in die Kategorie Internationale Politik eingeordnet. Du kannst alle Kommentare zu diesem Artikel mit dem RSS 2.0 Feed beobachten. Du kannst eine Antwort hinterlassen, oder durch einen Trackback auf diesen Artikel verlinken.
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